Die Früchte der Seychellenpalme sind mit bis zu 25 Kilogramm die größten Samen im gesamten Pflanzenreich.

Foto: Didier Descouens - CC BY-SA 4.0

Darmstadt - Nicht nur zahlreiche Tierarten, auch Pflanzen können sich um ihre Nachkommen kümmern. Wissenschafter der TU Darmstadt haben beobachtet, dass die Coco-de-Mer-Palme es schafft, ihr extrem karges Habitat auf den Seychellen so zu verändern, dass sie die größten Früchte aller Pflanzen produziert, ihre Ableger optimal versorgt und diese sogar gegen Konkurrenz schützt.

Touristen kennen die Seychellenpalme Lodoicea maldivica vor allem wegen ihrer an ein menschliches Hinterteil erinnernden Früchte. Wissenschafter sind jedoch aus ganz anderen Gründen von den riesigen Gewächsen angetan, die typisch für die Seychelleninseln Praslin und Curieuse sind.

Die Coco-de-Mer-Palme treibt viel Aufwand für Fortpflanzung, produziert große Mengen an Pollen und riesige Früchte, die sich dann nicht einmal verbreiten, sondern am Stamm zu Boden fallen. "Das ist eine enorme energetische Verpflichtung auf sehr nährstoffarmem Boden – das passte nicht richtig zusammen", beschreibt Christopher Kaiser-Bunbury vom Fachbereich Biologie der TU Darmstadt den Widerspruch, der die Forschergruppe von der Eidgenössischen Technischen Hochschule Zürich, der Seychelles Islands Foundation und der TU Darmstadt zu ihrer Untersuchung auf der Seychelleninsel Praslin brachte.

Perfektes Recycling

Die Beobachtungen zeigten, dass vor allem die besonderen Blätter der Coco-de-Mer-Palme eine Rolle spielen. Die flächigen, nur leicht gefiederten Blätter erreichen mit teilweise zehn Quadratmetern eine enorme Größe und münden trichterförmig in eine Röhre, die den Stamm hinabführt. Damit fängt die Palme Wasser sowie tierische und pflanzliche Materialien wie etwa Tierkot ein. Sogar der eigene Pollen, wenn er nicht von Geckos gefressen wird, wird recycelt. Drei Mal so viel Phosphate wie bei anderen Palmen fanden die Forscher in der Nähe der Coco-de-Mer-Stämme. Fast das gesamte Wasser, das auf das üppige Blätterdach herabregnet, wird auf ein kleines Gebiet am Fuß der Palme hin kanalisiert. Eine äußerst wirkungsvolle Methode: "Man kann auch bei heftigen Regengüssen praktisch trocken durch den Palmenwald gehen", sagt Kaiser-Bunbury.

Die Nachkommen, die direkt am Fuß der weiblichen Palmen wachsen, werden dank dieser "pflanzlichen Brutfürsorge" gut mit Nährstoffen und Wasser versorgt. "Die Bereiche, die von den Palmenblättern abgedeckt werden und weiter vom Stamm entfernt sind, sind deutlich trockener und nährstoffärmer als zu erwarten wäre", sagt Kaiser-Bunbury. So sorgt das Regenwasser-Management dafür, dass pflanzliche Konkurrenz sich kaum ansiedeln kann. "Viele Pflanzen sammeln Wasser, aber wir kennen keine Art, die das so perfektioniert hat", so der Biologe.

Die Coco-de-Mer-Palme modifiziert ihren eigenen Lebensraum, und sie tut das so erfolgreich, dass sie auf Praslin ursprünglich einen monodominanten Palmenwald ausgebildet hatte. Sie war also die vorherrschende Art, bevor Menschen sie durch Abholzung fast ausrotteten. Tiere und andere Pflanzen richteten sich am Zusammenleben mit der Palme aus um zu koexistieren.

Das gesamte Ökosystem im Blick

In nächsten Schritten möchte Kaiser-Bunbury die Entwicklungsdynamik im Palmenwald am Computer modellieren. "Und wir wollen herausfinden, wie man die Monodominanz der Palme auch dann erhalten kann, wenn man in den Wald eingreift – etwa bei Wiederaufforstungen", sagt der Biologe. In der Vergangenheit habe man die Früchte "schön in Reihen" gepflanzt und nicht, dem natürlichen Wuchs entsprechend, dicht nebeneinander direkt an der Basis der Mutterpalme. "Uns interessiert, welche Auswirkungen es auf das gesamte System und auf endemische Tierarten hat, wenn man zu dieser natürlichen Pflanzmethode übergeht", beschreibt Kaiser-Bunbury eine der nächsten Forschungsfragen. (red, derStandard.at, 15.3.2015)