Wien - Während an der Frankfurter Buchmesse Rechte- und Lizenzenhändler zwischen den Fünfstern-Etablissements pendeln, wo - wie immer hinter verschlossenen Türen - die wirklich großen Geschäfte der Branche abgeschlossen werden, setzt die kleinere, vom 12. bis 15. März stattfindende Buchmessenschwester in Leipzig auf Vermittlung - und auf die Leser.
Allerdings ist es nicht so, dass die heuer 2.200 Aussteller, darunter 194 aus Österreich, nur aus Jux und Tollerei nach Leipzig fahren würden. Denn mittlerweile gelten beide Messen als wichtige ökonomische Gradmesser für eine Branche, die in den letzten Jahren nicht unbedingt durch übertriebenen Veränderungswillen und ihre euphorischen Zukunftsaussichten (Stichworte: Konzentrationsprozesse, Digitalisierung sowie, in Österreich, die im Raum stehende Erhöhung der Mehrwertsteuer auf Bücher) aufgefallen wäre.
Momentan, so der Leipziger Messedirektor Oliver Zille, sei der Buchmarkt stabil. Wobei sich laut Zille ein schon länger beobachteter Trend fortsetze, nämlich dass das Sachbuchsegment stark zulege, Belletristik und Kinderbuch aber unter Druck stehen. Etwas anders die Entwicklung in Österreich, hier verzeichnet das Kinder- und Jugendbuchsegment leichte Zuwächse, während Belletristik stark und Sachbücher leicht verlieren.
Trotzdem verbucht die Leipziger Buchmesse vier Prozent mehr Aussteller. Nicht nur aus dem Sachbuchbereich. Auch der langjährige Schwerpunkt "Leipzig liest" mit 3.000 Veranstaltungen an 410 Orten ist gut gebucht, und der "Preis der Leipziger Buchmesse" generiert zunehmend Aufmerksamkeit. Insgesamt werden für den am Donnerstag mit großem Tamtam in den Sparten Belletristik, Sachbuch und Übersetzung vergebenen Preis 45.000 Euro vergeben. Auf den Shortlists finden sich mit Teresa Präauer (Belletristik) und dem Historiker Philipp Ther (Sachbuch) zwei österreichische Autoren. Einen verlagsmäßigen Österreichbezug hat auch der im Zsolnay Verlag in Übersetzung publizierte rumänische Autor Mircea Cartarescu, der bei der Eröffnungsfeier Mittwochabend den mit 15.000 Euro dotierten "Buchpreis zur Europäischen Verständigung" entgegennimmt.
Fokussierungen
Der immer stärkeren Fokussierung auf immer weniger Buchtitel aus den immergleichen Verlagen versucht Leipzig, mit der neuen Kleinverlag-Plattform "Die Unabhängigen" Rechnung zu tragen. Weiter ausgebaut wird die 2014 erstmals fest etablierte "Manga Comic Convention" (Mangas, Graphic Novels, Computerspiele), auf der sich jede Menge als ihre Lieblings-Comic-Figur verkleidete Gestalten tummeln.
Abseits von Literaturevents ist dem deutsch-israelischen Verhältnis ein Messeschwerpunkt (u. a. mit Amos Oz) gewidmet. Den exzellenten, in den letzten drei Jahren von Martin Pollack kuratierten Schwerpunkt "Tranzyt" (Literatur aus Polen, der Ukraine und Belarus), wird man hingegen inhaltlich schmerzlich vermissen. (Stefan Gmünder, DER STANDARD, 11.3.2015)