Die Steuer-"Reform" wird wohl zustande kommen; fast niemand wird damit zufrieden sein. Eine in Wahrheit viel größere Bewährungsprobe hat Finanzminister Hans Jörg Schelling mit seiner Entscheidung heraufbeschworen, zunächst "keinen weiteren Steuer-Euro" in die nun Heta genannte Ruine der Hypo Alpe Adria zu stecken bzw. die Tilgung der existierenden Schulden für ein Jahr auszusetzen.

Das ist, so beurteilen das Fachleute aus dem Bankwesen, de facto ein Schuldenschnitt für eine "Bank", die im Eigentum der Republik steht. Schelling bedient sich dazu eines neuen Gesetzes, das auf einer EU-Richtlinie beruht und praktisch einen Konkurs erlaubt, der formal keiner ist.

Auf dem österreichischen Schauplatz bedeutet das, dass eine Reihe von Bundesländern über ihre Landeshypos mit Haftungen im Ausmaß von zusammen mindestens 1,2 Milliarden Euro drinhängen. Niederösterreichs Finanzlandesrat Wolfgang Sobotka hat sich bereits mit wütenden Drohungen an Schelling gewandt, ein Gespräch am Montag blieb ergebnislos. Hintergrund für Schellings Brüskierung der Länder dürfte sein, dass er sich entschlossen hat, die Konfrontation mit den mächtigen Landeshauptleuten zu suchen.

Diesen wird vorgeworfen, das Geld, das ihnen der Bund großzügig zuteilt (ein Drittel der Einnahmen), relativ leichthändig wieder auszugeben. Wenn ein österreichischer Finanzminister irgendwie die Ausgabendynamik im Budget in den Griff bekommen will, muss er sich mit den Landeshauptleuten anlegen. Es steht außerdem die Neuverhandlung des Finanzausgleichs - über den der Bund die Länder finanziert - ins Haus. Die recht kühnen Forderungen der Länder, der Bund müsse ihre möglichen Verluste aus den recht leichtfertig eingegangenen Haftungen für die Hypos ersetzen, hat er einmal abgeschmettert. Kann sein, dass Schelling hier einmal einen Paukenschlag setzen wollte, um in den Verhandlungen stärker dazustehen.

Das kann für Schelling politisch gefährlich werden. Möglicherweise noch viel gefährlicher, und nicht nur für ihn, ist sein Beschluss, nichts mehr in die Hypo/Heta zu stecken, für Österreichs Position auf den Finanzmärkten. Es sind keine Riesensummen, die internationale Banken, Pensionsfonds usw. an Hypo-Anleihen gekauft haben. Aber diese Institutionen werden sich mit großer Wahrscheinlichkeit nicht kampflos einem De-facto-Schuldenschnitt beugen, sondern mit den üblichen Batterien von Anwälten gegen die Garantieträger - Land Kärnten, Bund, nach Meinung mancher sogar gegen beteiligte Personen - zu Gericht ziehen.

Das Wesen einer Garantie eines österreichischen Bundeslandes für Anleihen seiner Landeshypos, bzw. die Haltung des Bundes dazu, wird dann aber international in Diskussion stehen. Eine britische Großbank hat bereits den Besitzern von Schuldtiteln der Landeshypos geraten, diese abzustoßen, weil die Garantien der jeweiligen Bundesländer nichts mehr wert seien.

Schelling scheint hier einen Ritt über den Bodensee zu probieren, bei dem man ihm mit gemischten Gefühlen zusieht. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 11.3.2015)