Wien/Straßburg - Die von EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker ventilierte Idee für die Gründung einer gemeinsamen Armee in Europa wird von österreichischen EU-Abgeordneten unterschiedlich bewertet. ÖVP-Delegationsleiter Othmar Karas begrüßte am Dienstag in Straßburg ausdrücklich den Vorschlag Junckers, während SPÖ-Delegationsleiter Jörg Leichtfried ihn als verfrüht bezeichnete.

Seitens der grünen Delegationsleiterin Ulrike Lunacek hieß es dazu, dass es sich nur um ein Ablenkungsmanöver Junckers von den Lux Leaks-Problemen mit Steuerprivilegien für Großunternehmer handle. "Überrascht" zeigte sich die liberale Europamandatarin Angelika Mlinar von den NEOS

Karas sagte, mehr außenpolitisches Engagement der EU heiße konsequenterweise auch gemeinsame Außen-, Sicherheits- und Verteidigungspolitik. Es sei gut, wenn sich in Österreich Nationalrat und Regierung für eine verstärkte Vergemeinschaftung der Außen- und Sicherheitspolitik einsetzten. Er halte es für klar, dass es zu einer gemeinsamen europäischen Verteidigungspolitik kommen müsse. Die Frage sei, wer mitmache. Außerdem könnte eine Koordinierung der bestehenden Verteidigungspolitiken der EU-Staaten ein Einsparpotenzial von 130 Milliarden Euro sowie eine Effizienzsteigerung bringen.

Leichtfried schloss eine EU-Armee nicht von vornherein aus. "Aber es kommt die Diskussion zu früh". Notwendig sei eine funktionierende Außenpolitik der EU. Für Österreich gab er zu bedenken, dass eine EU-Armee die "Aufhebung des Bundesverfassungsgesetzes über die Neutralität" bedeuten würde.

Lunacek sagte, wenn Juncker mit dem Vorschlag "von einem Tag auf den anderen den starken Mann spielen will, ist das nicht die richtige Methode". Die Europäische Union solle vielmehr auf eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik setzen.

Mlinar sah den Zeitpunkt der Präsentation des Vorschlags als "sehr überraschend" an. Der Sicherheitsaspekt an sich sei nicht neu. Aber "die Initiative, der so proaktive Standpunkt, überrascht mich". (APA, 10.3.2015)