Am internationalen Frauentag hat die österreichische Regierung wieder einmal zahlreiche Bekenntnisse für mehr Gleichstellung in Österreich abgegeben. Immerhin verpflichtet sie die österreichische Verfassung auch zu einer Budgetpolitik, die die tatsächliche Gleichstellung von Frauen und Männern fördert. Das Finanzministerium deklariert bereits seit Jahren das Ziel diese zu verbessern. Doch mit ihren Steuerreformplänen arbeitet die Regierung darauf hin, die Ungleichheiten noch weiter zu vergrößern.

Eine Reform von Männern für Männer

Vordergründiges Ziel der geplanten Tarifreform bei der Einkommenssteuer ist die Entlastung der Lohneinkommen mit einem Volumen zwischen vier und sechs Milliarden Euro. Verhandelt wird die Steuerreform auf politischer Ebene jedoch ausschließlich von Männern, und somit ist es kein Wunder, dass es eine Reform von Männern für Männer wird.

Mehr Steuergeschenke für Männer

Summa summarum wollen sowohl ÖVP als auch SPÖ doppelt so viele Steuergeschenke an Männer verteilen wie an Frauen. Bei der SPÖ sind es 3,8 Milliarden Euro für Männer und 1,9 Milliarden Euro für Frauen, beim ÖVP Modell 2,4 Milliarden Euro für Männer und 1,2 Milliarden Euro für Frauen. Dies ergibt die Berechnung mit dem Simulationsmodell des Sozialministeriums. Denn durch die geplanten Absenkungen der Steuersätze geht der Löwenanteil der Entlastung ausgerechtet an die höheren und hohen Einkommen. In diesen Einkommensbereichen sind Frauen bekanntermaßen geringer vertreten. Die Vorschläge von ÖVP und SPÖ führen also dazu, dass die Schere zwischen den verfügbaren Einkommen von Frauen und Männern weiter aufgeht.

Wer hohe Einkommen überproportional entlastet und gleichzeitig auf Vermögens- und Erbschaftssteuer verzichtet, nimmt zudem weitere Kürzungspakete bei Kindergärten, Schulen und Universitäten, Krankenhäusern, bei Pflege oder sozialer Absicherung in Kauf und denkt an weitere Belastungen wie die Anhebung des Pensionsalters. Von all dem wären wieder überwiegend Frauen betroffen.

Auch untere Einkommen entlasten

Eine Steuerreform, von der Frauen und Männer gleichermaßen profitieren, sollte daher die unteren Einkommen, wo die Mehrzahl der Frauen zu finden ist, in absoluten Zahlen gleich entlasten wie höhere Einkommen. Dafür braucht es eine Senkung des Eingangssteuersatzes und zugleich eine Anhebung der Steuersätze für sehr hohe Einkommen. Denn oftmals wird verschwiegen, dass hohe Einkommen von der Senkung der unteren Steuersätze ja ebenfalls profitieren.

Erhöhung der Negativsteuer

Da viele Frauen aufgrund ihrer sehr geringen Einkommen keine Lohnsteuer zahlen, ist vor allem eine Erhöhung der Negativsteuer dringend nötig, etwa auf 100 Euro pro Monat bis zu 100 Prozent der Sozialversicherungsbeiträge. Denn sonst hat der Großteil der Frauen von dieser Steuerreform absolut nichts.

Zusätzlich kann eine Streichung der Begünstigung des 13. und 14. Monatsgehaltes ab der Höchstbeitragsgrundlage zu mehr Steuergerechtigkeit führen, ebenso wie eine Erhöhung der Absetzbeträge für Arbeitnehmerinnen, Arbeitnehmer, Pensionistinnen und Pensionisten, die für ganz niedrige Einkommen als Negativsteuer ausbezahlt wird.

Männliche Überstunden

Für eine bessere Verteilung von bezahlter und unbezahlter Arbeit, die sich auch das Finanzministerium auf die Fahnen heftet, muss auch die Überstundenbegünstigung fallen. Denn diese wird vor allem von Männern in Anspruch genommen und ist ein Anreiz steuerbegünstigt länger zu arbeiten und damit weniger Zeit für Hausarbeit zu haben.

Appell an ökonomische Vernunft

Abseits von verfassungsrechtlicher Verpflichtung und Gerechtigkeitsgründen braucht es eine geschlechtergerechte Steuerreform auch aus ökonomischer Vernunft heraus. Wachsende Ungleichheit ist aktuell die größte ökonomische und politische Gefahr – diese Meinung teilen mittlerweile OECD, IWF und UNO.

Wirtschaft ankurbeln statt Finanzprodukte

Eine Entlastung der kleinen Einkommen stärkt die Nachfrage und kurbelt die Wirtschaft an, während eine Entlastung bei hohen Einkommen vermehrt in Finanzprodukte "investiert" wird und somit tendenziell zur Instabilität beiträgt. Die Entlastung kleiner Einkommen sollte auch durch die Abschaffung der Steuerprivilegien für Kapitaleinkommen finanziert werden, von denen ja wiederum nur die Reichsten profitieren. Einkommen durch Zinsen, Dividenden und Aktienkursgewinnne sollten gleich progressiv wie Einkommen aus Arbeit besteuert werden. Dafür muss allerdings das Bankgeheimnis endlich fallen, was nebenbei auch Steuerbetrug erschweren würde.

Es ist höchst an der Zeit, die Begünstigungen, von denen vor allem gut verdienende Männer profitieren – wie zum Beispiel die Begünstigung für Dienstwagen der gehobenen Klasse, die auch ökologisch problematisch ist – zu streichen.

Frauen als Verliererinnen

SPÖ und ÖVP sind daher gut beraten, eine Reform vorzulegen, die Österreich nicht weiter spaltet. Die Wiedereinführung von umfassenden Vermögens- und Erbschaftssteuern (mit hohen Freibeträgen) ist dafür unumgänglich. Eine Reform, die das oberste Einkommens- und Vermögenssegment in Österreich – also vor allem Männer – weiter privilegiert, Frauen zu Verliererinnen macht und damit die Ungleichheiten in Österreich weiter vergrößert, ist der falsche Weg. Wir brauchen Halbe-Halbe - auch bei der Steuerentlastung. (Elisabeth Klatzer, derStandard.at 9.3.2015)