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Noch-OMV-Chef Gerhard Roiss kann die (politischen) Intrigen und Ränkespiele um seinen Sessel an der OMV-Spitze erste Reihe fußfrei genießen.

Foto: Reuters/Heinz-Peter Bader

Wien - Selbst wenn es sich Kapitalvertreter des OMV-Aufsichtsrats anders überlegt haben sollten und mittels Lobbyisten die Gerüchteküche angeheizt (und um anonyme Anzeigen und eine Verleumdungsklage angereichert) wurde: Ein Rücktritt vom Rücktritt von OMV-Chef Gerhard Roiss gilt auch in ÖVP-Regierungskreisen als denkunmöglich. Wohl mag eine Verlängerung des Vertrags des Noch-OMV-Chefs über Juni 2015 hinaus für Roiss-Fans und die vor der Auflösung stehende ÖIAG opportun sein (weil mit neuen Köpfen die auf externe Aufsichtsräte angewiesene ÖIAG-Nachfolgerin Öbib Verantwortung übernehmen müsste), es wäre aber ein Spiel mit dem Feuer.

Denn für die im Herbst fixierte vorzeitige Vertragsauflösung, die notabene einvernehmlich erfolgte, wie ÖIAG und OMV stets betonten, erfolgte im OMV-Aufsichtsrat unter Vorsitz von Noch-ÖIAG-Chef Rudolf Kemler einstimmig. Also mit den Stimmen der von der ÖIAG nominierten OMV-Aufsichtsräte und vor allem des Syndikatspartners Ipic aus Abu Dhabi.

Heikles Syndikat

Hält sich die in Namen und Auftrag der Republik Österreich tätige ÖIAG nicht (mehr) an diese in den 1990er-Jahren besiegelte Übereinkunft, hätte die ebenfalls staatliche Ipic einen Freibrief: Sie wäre ihrerseits nicht mehr an das Syndikat mit der ÖIAG gebunden und könnte beispielsweise ihr 24,9 Prozent schweres OMV-Aktienpaket verkaufen - ohne es vorher der ÖIAG, respektive der Republik Österreich, anbieten zu müssen. Man könnte es ihnen nicht einmal übelnehmen, zumal ihr Investment auch schon bessere Zeiten und Aktienkurse gesehen hat. Letzteres hat Ipic-Finanzvorstand Murtadha Al Hashmi übrigens zuletzt im Dezember ebenso in Abrede gestellt - wie die vornehmlich in OMV-Kreisen kursierenden Meldungen, der Partner aus Abu Dhabi übe Druck auf die OMV aus, ihren Viertelanteil am lukrativen Kunststoffableger Borealis an Ipic abzutreten.

Schlechte Performance

Zur Erinnerung: Zu den Gründen für Roiss' vorzeitiges Ausscheiden dienten dem OMV-Aufsichtsrat im Oktober explizit schlechte Zahlen und Performance des Öl- und Gaskonzerns.

Vor diesem Hintergrund ist davon auszugehen, dass es in der Aufsichtsratssitzung am 18. März zumindest eine Vorentscheidung in Sachen Roiss-Nachfolge geben wird. Denn selbst als "lame duck" wird Noch-ÖIAG-Chef Kemler eine mit der Politik akkordierte Entscheidung zustande bringen.

Dem Vernehmen nach haben sich OMV und Ipic insofern verständigt, als nur mehr zwei Kandidaten zur Wahl stehen. Gemäß Syndikatspakt hat Österreich den Vortritt bei der Kür des Generaldirektors, wobei der OMV-Syndikatsvertrag - anders als jener mit América Móvil für die Telekom Austria - explizit keinen Proporz bei Posten vorsieht. Die Österreicher können aber auf so etwas wie ein Gewohnheitsrecht pochen.

Ob und welcher der beiden in die enge Wahl gefassten Neuzugänge bereits ab Juli verfügbar ist, sei dabei nicht spielentscheidend, sagen mit der Materie vertraute Personen. Schließlich gebe es mit Finanzvorstand David Davies einen bewährten Generaldirektor-Stellvertreter, der das Unternehmen auch in schwierigen Zeiten vorübergehend führen werde.

Mythen und Legenden

Dass die Staatsanwaltschaft die Umstände rund um Roiss' vorzeitigen Abgang (der erst 2013 verlängerte Vertrag wäre bis 2017 gelaufen) prüft, ist seit Herbst bekannt. In (anonymen) Anzeigen wurde ÖIAG-Organen und (Ex-)OMV-Managern Korruption in Rumänien (beim Petrom-Kauf) vorgeworfen. Auch Roiss' Angestelltenvertrag bei der OMV war Thema, der Anfang 2014 abgefunden worden war - und angebliche ÖIAG-Prämien für den "Abschuss" von Roiss. Was alle Beteiligten dementieren.

Theoretisch könnte der neue OMV-Chef auch in der Aufsichtsratssitzung nach der Hauptversammlung im Mai bestellt werden. Das freilich wäre ungewöhnlich, konstituiert sich nach der HV der (teil)erneuerte Aufsichtsrat doch normalerweise. Bliebe noch Variante drei, eine außertourliche Aufsichtsratssitzung im Juni. (Luise Ungerboeck, DER STANDARD, 7.3.2015)