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Bei 200.000 Österreichern fällt der Blick ins Glas exzessiv aus. Die Droge ist allerdings legal, während Cannabisprodukte hohe Kosten im Justizsystem verursachen, wie kritisiert wird.

Foto: APA/DPA/KLAUS-DIETMAR GABBERT

Wien - Keine anderen illegalen Substanzen sorgen für mehr Arbeit bei Polizei und Justiz als Marihuana, Haschisch und weitere Cannabisprodukte. Drei Viertel der mehr als 30.000 Anzeigen, die die Polizei im Jahr 2013 (dem jüngsten statistisch ausgewerteten, Anm.) an die Staatsanwaltschaft geschickt hat, betrafen diese Gruppe. Nur jede Vierte davon führte zu einer gerichtlichen Verurteilung - der Rest wurde entweder schon von der Anklagebehörde zurückgelegt oder diversionell erledigt.

Aber auch bei den Verurteilungen sind es weniger die großen Drogendealer, die bestraft werden. Drei Viertel der Delikte betreffen den "unerlaubten Umgang mit Suchtmitteln" - also Besitz oder Weitergabe kleiner Mengen.

Die juristischen Kosten bei den beteiligten Stellen - Exekutive, Staatsanwaltschaft und Gerichten - sind beachtlich und könnten deutlich zielführender verwendet werden, sind Experten bei einem Symposium am Grundlsee in der Steiermark überzeugt.

Gutes Zeugnis für Justiz

Organisatorin Gabriele Fischer, Professorin von der Wiener Universitätsklinik für Psychiatrie und Psychotherapie, und Laura Brandt vom Zentrum für öffentliche Gesundheit stellen den heimischen Richterinnen und Richtern an sich ein gutes Zeugnis aus.

"Sie treffen die richtige Entscheidung", sagt Fischer. Haftstrafen gibt es nur für schwere Delikte, bei leichteren wird der Grundsatz "Therapie statt Haft" angewandt, zeigt eine in Grundlsee präsentierte Untersuchung.

Allerdings sieht Fischer bei der "gesundheitsbezogenen Maßnahme", wie die Therapie juristisch heißt, noch Probleme. Einerseits stammen Gerichtsgutachten häufig nur von Psychologen. Psychiater sind aufgrund des niedrigen Honorars der Justiz deutlich schwerer zu finden.

Grunderkrankungen nicht diagnostiziert

Die Folge: Psychiatrische Grunderkrankungen werden häufig nicht erkannt, obwohl sie weit verbreitet sind. Über 90 Prozent der Therapierten leiden an Depressionen, Angstzuständen und anderem. Ein psychiatrischer Sachverständiger würde das eher erkennen, ist Fischer überzeugt.

Eine weitere Forderung: Es müsse eine standardisierte Qualitätssicherung für die Therapie eingeführt werden. Derzeit reicht dem Gericht nämlich eine Besuchsbestätigung durch die meist auf Vereinsbasis arbeitenden Betreuungseinrichtungen.

Zuletzt plädiert sie für eine deutliche Anhebung der Grenzmenge für Cannabisprodukte. Das so eingesetzte Geld sollte dann zweckgebunden für Therapie verwendet werden. Gerade bei Cannabis würde derzeit oft nur vom Gericht angeordnete Pseudotherapie betrieben.

Problem Alkohol

Die noch viel mehr Konsumenten legaler Suchtmittel nötig haben. Rund 200.000 Menschen betreiben "exzessives Trinken" mit dem Konsum von sechs oder mehr Gläsern zweimal pro Woche - quer durch alle Altersschichten. Nur zehn Prozent der Bevölkerung haben innerhalb eines Jahres keinen Tropfen Berauschendes getrunken. Was sich auch im Alkoholabsatz zeigt: Mit 11,2 Litern reinem Alkohol pro Kopf und Jahr wird Österreich nur von Estland und Litauen geschlagen. Der EU-Durchschnitt liegt dagegen 1,1 Liter darunter. (Michael Möseneder, DER STANDARD, 7.3.2015)