40 Prozent aller männlichen Österreicher vollständig (13 Prozent) oder überwiegend (27 Prozent) meinen, dass es zu viel Frauenförderung in Österreich gebe.

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Die These von der zu großen Förderung der Frauen findet vor allem im Lager der freiheitlichen Wähler Zustimmung.

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Linz – Dass Frauen benachteiligt sind, ist – abseits vom Frauentag, aus dessen Anlass es allseits thematisiert wird – eine Grundüberzeugung in der österreichischen Gesellschaft. 29 Prozent der österreichischen Wahlberechtigten beiderlei Geschlechts stimmen dieser Aussage "voll und ganz" zu, weitere 40 Prozent immerhin überwiegend.

Allerdings lohnt ein detaillierterer Blick in die Daten, die das Linzer Market-Institut im vergangenen Herbst (also mit deutlichem Abstand zum Weltfrauentag, der solche Themen im öffentlichen Bewusstsein "aktualisiert") 921 Wahlberechtigten im Auftrag des STANDARD gestellt hat: Eine genauere Auswertung zeigt, dass die jüngeren Befragten deutlich weniger an Nachteile für Frauen glauben als ältere Befragte.

Market-Studienleiter David Pfarrhofer hat dafür zwei Erklärungen: "Befragte über 50 sind mit der Erfahrung aufgewachsen, dass Frauen weniger Chancen im Leben haben als Männer – und sehen in ihrem Umfeld wenige Verbesserungen, die gibt es in dieser Alterskohorte auch wirklich kaum. Junge sind mit Gleichberechtigungsbekenntnissen aufgewachsen – und sie glauben daran. Entweder aus Vertrauen – vielleicht aber auch, weil sie noch keine Gegenbeispiele erlebt haben."

Junge Männer: Förderung geht zu weit

Frauen unter 30 glauben jedenfalls nur zu 26 Prozent voll und ganz an die Benachteiligung ihres Geschlechts, ihre Geschlechtsgenossinnen über 50 tun das zu 47 Prozent. Bei den Männern ist das Muster ähnlich – allerdings auf einem viel niedrigeren Niveau: 13 Prozent der Männer unter 30 sehen Frauen in höchstem Maße benachteiligt, bei den Männern über 50 sind es 22 Prozent. Und während nur jede 20. Frau (über alle Altersgruppen hinweg) Frauen für gar nicht benachteiligt hält, lehnen zehn Prozent der Männer über 50 und sogar 23 Prozent der Männer unter 30 die Aussage völlig ab, dass Frauen in unserer Gesellschaft noch immer benachteiligt seien.

Ein weiteres Ergebnis der Studie: Die jungen Männer (also dieselbe Gruppe, die Frauen für nicht mehr benachteiligt hält) sagen in besonders hohem Ausmaß, dass "die Frauenförderung bereits viel zu weit gegangen ist". 21 Prozent der jungen Männer stimmen dieser These voll und ganz zu, weitere 23 Prozent überwiegend.

Diese Haltung ist über alle Altersgruppen etwa vier von zehn Männern gemeinsam – aber bei den jüngeren Befragten ist die vollständige Zustimmung zu der These stärker ausgeprägt, ältere männliche Befragte neigen mehr zur Ansicht, dass der These von der übertriebenen Frauenförderung "eher" zuzustimmen sei.

Unter dem Strich meinen 40 Prozent aller männlichen Österreicher vollständig (13 Prozent) oder überwiegend (27 Prozent), dass es zu viel Frauenförderung in Österreich gebe – allerdings wird die These von 15 Prozent der Männer voll und von 30 Prozent überwiegend abgelehnt, was eine mehrheitliche Ablehnung darstellt. Betrachtet man jedoch die weiblichen Befragten, so finden sich auch dort vier Prozent, die sich und ihre Geschlechtsgenossinnen voll überfördert fühlen, und weitere zehn Prozent, die die Behauptung der zu großen Frauenförderung für überwiegend richtig halten.

Die These von der zu großen Förderung der Frauen findet vor allem im Lager der freiheitlichen Wähler Zustimmung. Grünen-Wählerinnen und -Wähler lehnen sie besonders ab.

Sorge um eigene Aufstiegschancen

Diese Daten stellen – in abgeschwächter Form – dar, was auch deutsche Demoskopen ermittelt haben: In einer Umfrage des Instituts für Demoskopie Allensbach erklären zwei Drittel der befragten Männer, es reiche ihnen langsam mit der Gleichberechtigung. Die Wochenzeitung Die Zeit berichtete im vergangenen Herbst, jede dritte männliche Führungskraft in der Chemiebranche klage – in einer anderen Untersuchung – über die negativen Folgen der Frauenförderung für die eigene Karriere: "Die Hälfte der befragten Manager sieht ihre beruflichen Aufstiegschancen schwinden, wenn die Politik weiterhin versuche, Frauen den Marsch an die Spitze zu erleichtern."

Die Market-Umfrage beleuchtete daher auch die Frage, wie die Österreicherinnen und Österreicher über die Karrierechancen von Frauen denken: 25 Prozent stimmen voll und ganz der These zu, dass "Frauen, die Karriere machen, dafür oft auf ein Familienleben verzichten müssen", weitere 55 Prozent stimmen teilweise zu.

Zum Vergleich wurde die These getestet: "Männer, die Karriere machen, müssen dafür oft auf ein Familienleben verzichten." Dem stimmten nur 17 Prozent voll und 43 Prozent teilweise zu.

Oft wird ja auch über Quotenregelungen in Politik und Wirtschaft gesprochen, DER STANDARD ließ drei häufige Vorschläge den mehr als 900 repräsentativ ausgewählten Wahlberechtigten vorlegen:

  • Quote in Parteien: Nur 15 Prozent sind voll und 24 Prozent teilweise dafür, dass "in den Parteien der Anteil der weiblichen Funktionäre mit einer fixen Quote festgelegt werden" soll. Das sehen Männer und Frauen allerdings sehr unterschiedlich: Jede zweite befragte Frau ist mehr oder weniger stark dafür.

  • Quote im Parlament: Der Aussage "Im Parlament soll der Anteil der weiblichen Abgeordneten mit einer fixen Quote gesetzlich festgelegt werden" stimmen 20 Prozent der Frauen, aber nur neun Prozent der Männer voll, 32 Prozent der Frauen und 19 Prozent der Männer teilweise zu. Das heißt: Frauen wollen eine Frauenquote im Parlament, Männer nicht. Die Frauenquote hätte in der Wählerschaft der SPÖ und bei den Grünen eine (knappe) Mehrheit.

  • Quote in der Wirtschaft: Der Vorschlag, Führungspositionen in der Wirtschaft mit einer fixen Quote weiblich zu besetzen, gefällt 15 Prozent der Frauen, aber nur vier Prozent der Männer vollständig, weitere 14 Prozent der Männer und 26 Prozent der Frauen sind überwieged dafür. 42 Prozent der Männer – ganz besonders jene im mittleren Alter, in dem man Karriere machen kann – sind voll und ganz gegen eine Quote in der Wirtschaft. (Conrad Seidl, DER STANDARD, 7./8.3.2015)