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Andreas Kümmert hat keinen Bock auf den Song Contest.

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Jetzt darf Ann Sopie mit "Black Smoke" nach Wien fahren.

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Die strahlende Siegerin mit der Moderatorin Barbara Schöneberger.

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Hannover - Die deutsche Vorentscheidung zum 60. Eurovision Song Contest (ESC) hat am Donnerstagabend in Hannover mit einem Eklat geendet: Der Sieger der Zuschauerabstimmung, Andreas Kümmert, erklärte nach der Wahl überraschend seinen Verzicht auf die Teilnahme am Finale am 23. Mai in Wien. Stattdessen soll nun die Zweitplatzierte, die 24-jährige Hamburgerin Ann Sophie, starten.

3,2 Millionen Zuseher waren Zeugen der Entscheidung. Laut NDR entschieden sich 78,7 Prozent der Anrufenden für Andreas Kümmert und 21,3 Prozent für Ann Sophie.

"Ich bin nicht wirklich in der Verfassung, diese Wahl anzunehmen", sagte der 28-Jährige nach seinem Sieg. Der Verzicht ist in der deutschen ESC-Geschichte beispiellos. Kümmert begründete ihn damit, dass er glaube, nicht so gut singen zu können wie Ann Sophie. Nähere Angaben machte der 2013 bei der Castingshow "The Voice" erfolgreiche Sänger nicht. In der Sendung war lediglich bekannt geworden, dass Kümmert mit hohem Fieber angetreten war.

Sexismusvorwurf

Im Vorfeld hatte es außerdem Medienberichte gegeben, wonach er bei einem Konzert Frauen sexistisch beleidigt haben soll. Die Entscheidung löste beim Publikum Erstaunen und Empörung aus, es gab zahlreiche Buhrufe. In dieser aufgewühlten Stimmung erklärte die Moderatorin Barbara Schöneberger die Sängerin Ann Sophie zur deutschen Teilnehmerin des ESC-Finales. "Du fährst jetzt nach Wien", sagte Schöneberger ohne weitere Absprache mit den ARD-Verantwortlichen.

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Die junge Sängerin, die erst bei einem Clubkonzert im Februar die Teilnahme am Vorentscheid gewonnen hatte, reagierte verunsichert. "Wollt ihr das überhaupt?", fragte sie ins Publikum. Schöneberger war aber offenbar nicht gewillt, größere Diskussionen aufkommen zu lassen - sie sagte "Ja, das wollen sie" und ließ Ann Sophie ihr Lied singen. Sie soll nun mit "Black Smoke" in Wien antreten.

In Bars gesungen

Internationale Erfahrung bringt die Hamburgerin mit. Sie wurde in London geboren und ging mit 20 nach New York, um Schauspiel zu studieren. Daneben startete sie ihre Musikkarriere, sang in Bars und nahm ihre ersten selbst geschriebenen Songs auf. Acht Solokünstler und Bands stellten sich dem Votum der Zuschauer, die per Telefon und SMS abstimmen konnten. Im Halbfinale gewannen Ann Sophie und Andreas Kümmert gegen die Berliner Frauenband Laing und die für den Echo nominierte Sängerin Alexa Feser. Mrs. Greenbird, Faun, Fahrenhaidt und Noize Generation waren bereits nach ihrem ersten Song ausgeschieden.

Der überraschende Rückzieher Kümmerts stieß viele Zuschauer vor den Kopf. In Internet-Foren gab es am Freitag enttäuschte und wütende Kommentare. Allerdings wurde dem unangepassten Rock- und Bluessänger aus Bayern auch Respekt für seine Entscheidung gezollt. "Das ist eine krasse Entscheidung", sagte der deutsche ESC-Vertreter von 2004, Max Mutzke, der dpa. "Ich kann sie nachvollziehen, weil der Druck hinter den Kulissen enorm groß ist." Gleichzeitig sei es schwierig, weil eine Absage immer auch das Publikum enttäusche.

"Neuer Träger der Medaille"

"Die Lampe ist zu groß, die da angeht", sagte Siggi Schuller von der Plattenfirma Universal in einem ARD-Video. "Er hat alles gegeben und irgendwann festgestellt, dass er es einfach nicht packt." Er glaube, Kümmert habe einfach spontan entschieden. "Wir haben da mit offenem Mund gestanden", sagte ARD-Unterhaltungskoordinator Thomas Schreiber, der nie mit einem solchen Rückzug gerechnet habe. Es sei Kümmerts Idee gewesen, beim ESC dabei zu sein, betonte er. In einer NDR-Mitteilung erklärte Schreiber: "Es ist wie beim Sport: Wenn ein Olympiasieger seine Goldmedaille zurückgibt, gibt es einen neuen Träger der Medaille."

Ein Sprecher der veranstaltenden European Broadcasting Union (EBU) reagierte gelassen. "Wir haben keine Vorgaben, wie die Nationen ihre Künstler für das Finale auswählen", sagte EBU-Sprecher Jarno Siim der Zeitung "Die Welt" (online). "Für uns gilt derjenige als Kandidat, der im Mai zum Head of Delegations Meeting in Wien erscheint." (APA, 5.3.2015, Update: 6.3.2015)