Die Mehrzahl der Deutschen zieht bei der Urlaubswahl Bayern Österreich vor. So haben allein im vergangenen Sommer 14,8 Millionen Gäste aus anderen deutschen Bundesländern in Bayern Urlaub gemacht. Österreich kam im Vergleichszeitraum mit 6,2 Millionen deutschen Ankünften auf deutlich weniger. Das soll sich ändern.
"Wenn der Markt nicht wächst, muss man anderen Marktanteile wegnehmen", sagte Oskar Hinteregger, Chef der Österreich Werbung (ÖW) in Deutschland, am Rande der Tourismusmesse ITB in Berlin. "Das heißt, freundlich Wettbewerb machen und speziell Bayern im Fokus haben."
Das dürfte in Zeiten, wo wegen der Hypo Alpe Adria und der darin verwickelten BayernLB die politischen Hackeln zwischen Wien und München ohnehin tief fliegen, die Spannungen erhöhen. Oder, wie es ein Hotelier, der namentlich nicht genannt werden möchte, im Gespräch mit dem STANDARD formulierte: "Wenn das nur nicht nach hinten losgeht."
"Wie ein alte Liebe"
Was die durch das Milliardengrab der Hypo ausgelöste politische Verstimmung mit den Bayern betrifft, glaubt Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (VP) nicht, dass sich das negativ auf die Urlaubsentscheidung der deutschen Gäste auswirken wird.
Österreich sei den deutschen Gästen, mit einem Sommeranteil von zuletzt gut 30 Prozent nicht nur im Vorjahr die mit Abstand wichtigste Gruppe unter den Auslandsurlaubern, sehr vertraut. "Das ist bei vielen wie eine alte Liebe", sagte Martin Lohmann von der Forschungsgemeinschaft Urlaub und Reisen. Allerdings müsse man die auch hegen und pflegen. Im Winter habe Österreich die Marktführerschaft rund um das Thema Schnee. Als Marktführer sei es aber schwierig bis unmöglich, noch weiter zu wachsen.
Junge ohne Führerschein
Potenzial sieht der Urlaubsforscher für Österreich im Sommer, wobei dort aber auch die Konkurrenz ungleich größer sei. Die Verlockungen ließen sich auf die Schlagworte Sonne, Strand und Meer reduzieren. Obwohl der deutsche Gast treu sei und Österreich davon profitiere, ziehe es viele doch auch ans Meer.
Hinteregger, der ÖW-Mann in Deutschland, will nun speziell Senioren, Paare (über 45 Jahre) und Familien mit Kindern ansprechen. Für die Bearbeitung des deutschen Marktes hat die ÖW 7,6 Mio. Euro zur Verfügung. Insgesamt sei eine stärkere Individualisierung der Angebote notwendig.
Eine spezielle Herausforderung stelle die junge Generation dar. Ein Drittel der unter 25-Jährigen in Städten wie München oder Berlin macht keinen Führerschein mehr. "Die Herausforderung wird sein, diese jungen Leute, die nicht mehr selbst Auto fahren, bequem und sicher zu uns zu bringen," sagte Hinteregger. (Günther Strobl aus Berlin, DER STANDARD, 6.3.2015)