"Bleiberecht für alle!", ebenso sichtbar für alle am Fenster einer Mietwohnung angebracht.

Foto: Gerd Valchars

"Bleiberecht für alle" steht in großen gelben Lettern am Fenster von Gerd Valchars. Es ist ein Slogan von SOS Mitmensch; der Wiener Politikwissenschafter hat ihn nach eigenen Angaben bereits 2008 am Fenster seiner Mietwohnung angebracht, und zwar auf der Innenseite. Vor drei Tagen postete er ein Bild davon auf Facebook.

Der Grund: Die Hausverwaltung (Gesiba) fordert nun in einem Schreiben die "umgehende Entfernung" der "öffentlich sichtbaren, politischen Parole". Es sei "nicht im Sinne der Gesiba als Eigentümer dieses Wohnhauses, mit politischen Parolen, egal welchen Inhalts, in Verbindung gebracht zu werden". Gleichzeitig zeigt man sich "davon überzeugt, dass Sie das nötige Verständnis für unsere Sichtweise aufbringen werden", heißt es in dem Schreiben.

Dem ist allerdings nicht so, wie Valchars im Gespräch mit derStandard.at sagt. Ihn wundert vor allem, dass sich erst jetzt, nach sieben Jahren, offenbar jemand darüber aufgeregt hat. Klein beigeben will er jedenfalls nicht so schnell.

Fehlende Judikatur

Der Fall verspricht jedenfalls spannend zu werden, denn selbst die Experten sind sich nicht ganz einig: Für den Wohnrechtsexperten Christoph Kothbauer ist die Gesiba mit ihrer Vorgehensweise im Recht, weil es sich um keine vereinbarungsgemäße Benützung der Wohnung handle. "Und dass die Hauseigentümer sensibel sind, muss man verstehen." Die Fenster würden als Teil der Außenhaut zudem gar nicht als Teil der Mietwohnung gelten.

Für Wolfgang Kirnbauer vom Mieterschutzverband ist die Sache nicht ganz so einfach: Bestehende österreichische Judikatur zu politischen Statements in Fenstern gebe es bislang nämlich nicht. Er vermutet, dass, "wie halt so üblich in Wien", Nachbarn die Verwaltung auf den Mieter angesetzt haben - "und die Verwaltung den Druck einfach weitergibt, um Ruhe zu haben".

"Als ob jemand Blumen aufstellt"

Um eine bauliche Veränderung, die bewilligungspflichtig wäre, handle es sich bei dem Slogan nicht - die Interessen der Vermieterin am äußeren Erscheinungsbild des Hauses seien aber zu berücksichtigen. "Andererseits ist das Ausmaß der Veränderung ja nicht anders, als ob jemand Blumen in seiner Wohnung aufstellt."

Letztendlich sei es wohl eine Frage der Verkehrsüblichkeit: "Und da könnte eventuell argumentiert werden, dass Statements in den Fenstern derzeit noch nicht verkehrsüblich sind." (Martin Putschögl, Franziska Zoidl, derStandard.at, 5.3.2015)