Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) war einmal gegen die Verländerung aller Lehrerinnen und Lehrer. Jetzt will ihr dieses Nein nicht mehr über die Lippen kommen.

Wien - Nach dem ersten Treffen der Bildungsreformgruppe Ende Jänner konnte ÖVP-Staatssekretär Harald Mahrer noch berichten: "Der Boden hat nicht gebebt." Dienstagnachmittag traf sich die rot-schwarze Bund-Länder-Truppe erneut. Offiziell, wie Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) am Vormittag demonstrativ betonte, um über Schulautonomie zu reden. Das potenziell Beben-gefährliche Thema "Verländerung" der Lehrer hatte sie da schon wortreich auf die Position der "Nebenrolle" geschrumpft.

Am Abend dann, nachdem die Runde ihre Gespräche vertagt hatte, brachte es Mahrer diesmal auf diesen Punkt: "Der Teufel steckt im Detail." Und um diesen Teufel nicht allzu sehr zu reizen, wollen die koalitionären Vertreter von Bund und Ländern bis zur Jahresmitte weiter nachdenken über das "Grobpapier" (Mahrer), das ihnen die Experten überreicht haben, und dann erneut miteinander reden. Es gelte nun, die Expertenvorschläge auf technischer Ebene durchzurechnen und zu bewerten. Und auch da wieder der Hinweis: Die Lehrerkompetenzen seien "kein Thema" bzw. höchstens ein "Nebenthema" gewesen.

"Nebenrolle" für "Durchbruch"

Das dürften zumindest zwei Teilnehmer am Tisch vor dem Gespräch noch deutlich anders gesehen haben. Denn die haben seit Sonntag das Feld für einen unmittelbar bevorstehenden "Durchbruch" in Sachen Verschiebung der Verwaltung aller Lehrer zu den Ländern aufbereitet: Die Landeshauptmänner von Niederösterreich und dem Burgenland, Erwin Pröll (ÖVP) und Hans Niessl (SPÖ), wähnten sich in Sachen Verländerung kurz vor dem Ziel.

Am Vormittag hatte dann auch noch Amtskollege Günther Platter (ÖVP) in Tirol "deutliche Bewegung" in Richtung Lehrerverschub zu den Ländern geortet.

Kein rotes Nein zur Verländerung

Derartige Durchbruchsmeldungen in Sachen Verländerung seien eindeutig "verfrüht", hatte Heinisch-Hosek, die - wie Kanzler Werner Faymann (SPÖ) - noch vor nicht allzu langer Zeit explizit gegen eine Verländerung der Lehrer war, der aber jetzt dazu kein klares Nein mehr über die Lippen kommen mag, dazu am Vormittag aus. Auch Faymann zeigte am Dienstag Wohlwollen für den Plan, "die Kompetenzen neu zu ordnen", wobei er betonte: "Da geht es nicht um Verländerung oder Zentralisierung."

Schulautonomie soll gestärkt werden

Nach der Unterredung berichteten die Teilnehmer denn auch davon, dass das Expertenpapier vor allem Überlegungen zum Thema Schulautonomie beinhalte. Wie weit diese gehen soll, wurde allerdings nicht konkret angesprochen. "Es ging um eine Stärkung der Schulautonomie", sagte Heinisch-Hosek.

Klar sei, dass die zentrale Steuerung etwa im Bereich der Lehrpläne oder der Lehrerausbildung durch den Bund erfolgen müsse. Wie etwaige in den Ländern angesiedelte Bildungsdirektionen organisiert sind, wurde nicht näher erläutert. "Ob das dann im vollen Umfang umsetzbar ist, muss man sich ansehen", meinte Mahrer: "Der Teufel steckt im Detail."

Anstellungsverhältnis der Lehrer soll nicht geändert werden

Auch Landeshauptmann Pröll - er vertritt neben Mahrer, Innenministerin Johanna Mikl-Leitner und seinem Salzburger Amtskollegen Wilfried Haslauer die ÖVP, für die SPÖ verhandeln neben Heinisch-Hosek und Niessl noch Kulturminister Josef Ostermayer und der Kärntner Landeshauptmann Peter Kaiser - meinte, dass der Kernpunkt die Autonomie der Schulen sei bzw. wie man es organisieren könne, dass diese von einer "überbordenden Verwaltung" entlastet würden.

An eine Kompetenzverschiebung bei den Lehrern denke im Moment niemand: "Es denkt niemand daran, das Anstellungsverhältnis der Lehrer zu ändern." Man habe hier keine neuen Facetten diskutiert: "Es gibt Bundeslehrer und es gibt Landeslehrer."

Auch Niessl (SPÖ) war nun der Ansicht, dass "es nicht die wichtigste Frage ist, wer Dienstgeber ist – wir müssen schauen, dass Bürokratie abgebaut wird".

Die Rechnung zahlt der Bund

Derzeit unterstehen die Pflichtschullehrer den Ländern und werden auch von diesen angestellt, während AHS- und BHS-Lehrer vom Bund verwaltet werden - der jedoch die Rechnung für alle zahlt.

An dem Punkt kam bereits am Mittwochmittag von AHS-Lehrergewerkschaftschef Eckehard Quin (FCG) ein warnender Hinweis: "Wenn man mit Verländerung meint, dass man Bundesbedienstete auf einmal zu Landeslehrern macht, dann wird das schwierig werden", sagte Quin zum STANDARD: "So einfach einen anderen Dienstgeber wird's nicht spielen." Heißt für ihn: "Eine tatsächliche Verländerung wäre natürlich absurd."

Sollte "Verländerung" hingegen bedeuten, dass man künftig "alle für die Verwaltung der Lehrer in einem Bundesland zuständigen Personen in ein Haus setzt, dann ist mir das egal", meint Quin. Das wäre eine Placeboreform, weil das in einigen Bundesländern schon jetzt praktiziert werde.

A zahlt, B schafft an - macht Probleme

Der Kernpunkt aber ist für Quin: "Wenn A zahlt und B anschafft, dann gibt das immer Probleme. Es wäre absurd, wenn man dieses System auf die jetzigen Bundeslehrer ausweiten wollte. Da kann sich der Bund gleich abschaffen."

Alle Lehrer zum Bund

Dann schon lieber den umgekehrten Weg, schlagen die Unabhängigen Gewerkschafter in der GÖD und der Vizevorsitzende der BHS-Lehrergewerkschaft, Heinrich Himmer (FSG), vor: Also quasi "Verbundlichung" statt Verländerung oder, wie Himmer im STANDARD-Gespräch sagt: "Alle Lehrerinnen und Lehrer gehören vom Bund verwaltet. Der, der bezahlt, muss auch bestimmen."

Im Übrigen wäre es absurd, die funktionierende Bundeslehrerverwaltung, die jetzt in einer Hand, beim Bund, sei, auf neun Länderverwaltungen aufzusplittern. Dort sehe man ja jetzt, "dass es je nach Bundesland unterschiedliche Zugänge und intransparente Kriterien gibt, wie Lehrer ausgewählt oder verlängert und wie Direktoren bestellt werden".

Rechnungshof rät zu Bund

Das sieht auch der Rechnungshof so, der erst Ende 2014 erneut eine Reform der Schulverwaltung einmahnte. Und zwar so: "Aufgaben-, Ausgaben- und Finanzierungsverantwortung bezüglich der Pflichtschulen in einer Hand zu konzentrieren". Mit dem klaren Richtungshinweis, wonach bei den Bundesschulen (AHS, BMHS) durch die einheitliche Kompetenzstruktur generell eine "günstigere Ausgangslage" für eine effiziente Verwaltung gegeben sei, schrieben die Prüfer.

Höchst fraglicher Einspareffekt

Die von Erwin Pröll genannten 35 Millionen Euro Einspareffekt (Basis 2009) durch eine Verländerung bezweifeln in der Schulverwaltung Tätige angesichts des ohnehin niedrigen Verwaltungsanteils am Schulbudget: 2009 entfielen von den rund acht Milliarden Euro Schulgesamtbudget 183 Millionen auf die Verwaltung aller Schulen in Österreich - darin enthalten sind übrigens auch die Kosten für Schulpsychologen, Schulärzte, Bildungsberatung und andere Serviceleistungen. (Lisa Nimmervoll, APA, DER STANDARD, 4.3.2015)