Dass Premier Benjamin Netanjahu riskiert, die notorisch angespannten Beziehungen zu US-Präsident Barack Obama weiter zu verschlechtern, die US-Position vis-à-vis Israel zu einer amerikanischen parteipolitischen Frage zu machen und damit auch in Israel von Pragmatikern geprügelt zu werden, zeigt vor allem eines: Ein Atomabkommen mit dem Iran ist in greifbare Nähe gerückt.

Der Widerspruch zwischen der israelischen und der US-Position ist unauflösbar. Israel verlangt, dass der Iran von seinem Uran-Anreicherungsprogramm nichts behält, hat aber derzeit keine Mittel, das durchzusetzen. Ob die internationale Gemeinschaft mit immer strengeren Sanktionen mitziehen würde, ist angesichts des vergangenen Verhandlungsjahrs fraglich. Bezüglich eines Militärschlags stellen sich nicht nur die üblichen Fragen hinsichtlich Effektivität und möglicher paradoxer Folgen, sondern auch der Legitimität, besonders seit auch der Mossad den Behauptungen von einem existierenden Atomwaffenprogramm widerspricht.

Die US-Regierung verweist hingegen darauf, dass bereits die Vorstufe zu einem Abkommen zu einer substanziellen Beschränkung des iranischen Atomprogramms geführt hat. Zehn Jahre lang soll der Iran auf noch viel mehr verzichten. Was danach passiert, ist allerdings stark davon abhängig, ob sich das strategische US-Ziel einer Neudefinition der iranischen Rolle in Nahost verwirklicht. Aber gibt es kein Abkommen, gibt es auch diese Chance nicht. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 4.3.2015)