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Durch andere Kleidung, sogar den Wechsel des Geschlechts können Überwachungsprogramme verwirrt werden

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Obskure Google-Suchanfragen verzerren ebenfalls den Datenstand der Überwachenden

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Im öffentlichen Raum kann man Kameras ausweichen

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Die Lehren aus den vergangenen zwei Jahren: Staatliche Überwachung ist allgegenwärtig, und sie ist noch massiver, als Aktivisten vor den Snowden-Enthüllungen befürchtet haben. Aber auch Überwachungsmaßnahmen durch private Konzerne nehmen zu, wobei diese Daten oftmals wieder zu den Behörden gelangen – ob mit oder ohne Einwilligung der einhebenden Betriebe. Allerdings gibt es nach wie vor eine Reihe an Methoden und Tricks, mit denen man den Überwachern zumindest ein Schnippchen schlagen kann.

Balance-Akt

Der renommierte IT-Guru Bruce Schneier hat dies nun in einem neuen Buch namens "Data and Goliath" thematisiert. Schneier schreibt darin, dass Technik und Politik ihre jeweiligen Intentionen immer gegenseitig abschwächen können, aber keine Seite endgültig gewinnen kann. Sprich: Will die Politik starke Überwachung, gibt es dennoch freie Software, um dieser zu entgehen. Umgekehrt kann die Politik Verschlüsselung oder das Postgeheimnis immerzu abschwächen. Schneier unterscheidet dabei vier Kategorien, wie Bürger mit Überwachung umgehen können.

1. Ausweichen: Bargeld, Smartphone-los

Grundsätzlich sollte man sich die Frage stellen, wie Unternehmen oder Behörden eigentlich überwachen: Etwa, indem sie Geldströme nachvollziehen oder Videokameras einsetzen. Viele Überwachungstools lassen sich dann nach ihrem Erkennen leicht umgehen: Wer in Bargeld zahlt, seine Route verändert und möglichst wenig auf Facebook oder Google preisgibt, macht es den Überwachenden zumindest eine Prise schwerer.

In weiterer Folge stellt sich die Frage, wie das Ablauschen technisch funktioniert. So weiß man aus China, dass Internetnutzer politisch kritische Texte mit der Hand schreiben, dann abfotografieren und als Bild per E-Mail an Freunde schicken. So lassen sich automatische Textfilter umgehen. Gegen gezielte Überwachung hilft das natürlich wenig.

2.Blockieren: Digitale Selbstverteidigung

Ein stärkeres Mittel ist schon das Blockieren von Überwachungsmethoden durch Software. Da gibt es etwa Software wie Ghostery, das die Sammlung von Cookies verhindert. Außerdem heißt das Motto verschlüsseln, verschlüsseln und verschlüsseln: Etwa die Festplatte, Chats, E-Mails oder VoIP. Dutzende Anleitungen empfehlen Programme und zeigen vor, wie man sich digital selbstverteidigen kann.

Allerdings liefern verschlüsselte Kommunikationen immer noch Metadaten, man weiß also, wer mit wem wann wie gesprochen hat. Dennoch helfen auch Anonymisierungsdienste wie Tor, die Überwachenden zu ärgern – und vor allem unterstützt man so indirekt Ziele konkreter Ermittlungsmaßnahmen. Denn je mehr Menschen alles Mögliche verschlüsseln, desto weniger fallen jene auf, die ihre brisanten Dokumente schützen.

3. Verzerren: Geschlecht wechseln, die NSA verwirren

Als dritten Punkt nennt Schneier die sogenannte "obfuscation": Dabei geht es darum, absichtlich falsche Daten zu erzeugen, um Spione in die Irre zu führen. Ein durchaus effektiver Trick ist z.B., sich durch Kleidung und Frisur dem anderen Geschlecht anzunähern. Wer auf Conchita Wurst macht und trotz Bart mit weiblicher Frisur und im Kleid durch die Stadt spaziert, macht es Programmen, die Videoüberwachung analysieren, richtig schwer. Mit etwas weniger Mühe kann man das erreichen, indem man etwa bei Fragebögen falsche Antworten angibt. Schneier selbst füllte die Frage nach seiner Postleitzahl etwa immer mit der Adresse der National Security Agency aus.

Als digitales Äquivalent dazu kann man auf Amazon oder Google obskure Suchanfragen aussenden, die dann in Kundenprofile einfließen und dieses dadurch verzerren. Im Geheimdienstbereich spricht man davon, den "Lärm" rund um das "Signal" zu erhöhen. Ebenso könnte man etwa mit Freunden Vorteilskarten von Supermärkten tauschen, um die Auswertung der Einkaufsprofile zu manipulieren.

4. Zerstören: Nicht mehr legal

Als letzte Maßnahme weist Schneier darauf hin, dass man durchaus physisch gegen Überwachungsmethoden vorgehen kann – auch wenn das wohl schon im illegalen Bereich liegt. Aber: Man kann Überwachungskameras überkleben, man kann Systeme hacken und Daten löschen.

Schließlich geht es aber vor allem darum, dass jeder Bürger zumindest kurz innehalten und über Mittel gegen Überwachung nachdenken sollte. Denn ganz so machtlos, wie es manchmal scheint, sind wir NSA und Co doch nicht ausgeliefert. (fsc, derStandard.at, 3.3.2015)