"Österreich ist eine demokratische Republik. Ihr Recht geht von den jeweils mächtigsten Landeshauptleuten aus."

So müsste man jetzt den Artikel 1 der Bundesverfassung umschreiben (in der Originalfassung heißt es: "... ihr Recht geht vom Volke aus"). Es wäre nur die Anpassung an eine schon nicht mehr schleichende Entwicklung. Kürzlich trat der Bürgermeister von Wien, Michael Häupl, mit der Eröffnung hervor, dass die SPÖ nicht mehr auf Vermögenssubstanzsteuern bestehe. Der nominelle SPÖ-Vorsitzende und Bundeskanzler Werner Faymann war davon entweder nicht informiert oder todfroh, dass ihm der Michl die Verkündigung dieser Kehrtwende großzügig abnahm.

Am Sonntag in der ORF-Pressestunde deutete der niederösterreichische Landeshauptmann Erwin Pröll massiv an, dass der Bund seinen Widerstand gegen die "Verländerung" der Lehrer aufgebe. Die nominelle Unterrichtsministerin Gabriele Heinisch-Hosek gab eine Erklärung in Form einer kaum verhohlenen Kapitulationsurkunde ab.

So verfügen Landesfürsten über essenzielle Strukturfragen dieser Republik (der gescheiterte Versuch der SPÖ, ein Berufsheer einzuführen, geht ja auch auf Häupl zurück). Der Kanzler und die Minister sind beflissene Sekretäre einer Schattenregierung. Der übertriebene Föderalismus, eines der Hauptprobleme dieses Landes, schreitet zur endgültigen Machtübernahme. (Hans Rauscher, DER STANDARD, 3.3.2015)