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Foto: AP / dpa / Lukas Schulze

Das Leben ist lebensgefährlich, Fernsehen auch. Zum Beispiel Sonntag, als sich die ORF-Diskussionssendung "Im Zentrum" dem Thema Impfen widmete. Moderatorin Ingrid Thurnher mag sich in politischen Zusammenhängen auskennen, in medizinischen Themen hat sie das Zepter ganz und gar nicht in der Hand.

Dafür hätte sie eine Redaktion, könnte man meinen, doch auch die scheint sie im Stich gelassen zu haben. Konzeptionell war die Sendung ein Desaster. Ganz offensichtlich wollte man die Masern und den Todesfall eines Kindes in Berlin zum Anlass nehmen, um über sämtliche Impfungen zu diskutieren. Das alleine ist ein falscher Zugang und für medizinische Laien verwirrend.

Zweites Problem: Ganz offensichtlich hatte man keinen ideologischen Impfgegner gefunden, sondern den Medizinjournalisten Kurt Langbein, der in seiner Rolle als Aufdeckerjournalist präsentiert wurde. Auch das ist irreführend. Impfen und aufdecken? Impfen schützt, das ist eine erwiesene Tatsache in der Medizin. Dem Aufdecker ist das aber egal, er streut ein Reizwort nach dem anderen in die Diskussion, drischt alte Verschwörungstheorien von einer geldgierigen Pharmaindustrie und stellt sogar die evidenzbasierte Medizin, also jene, die auf statistischen Tatsachen beruht, infrage.

Frau Thurnher lässt all dem seinen Lauf, fordert keine Klärung. Die Impfbefürworter sind allesamt zu höflich oder zu differenziert, um dem Advocatus Diaboli die Stirn zu bieten. Es ist Aufgabe eines öffentlich-rechtlichen Senders, mit Diskussionen zur Klärung schwieriger Themen beizutragen, nicht Verwirrung zu stiften und Zweifel zu säen. Denn schließlich geht es um Menschenleben. (Karin Pollack, DER STANDARD, 3.3.2015)