Finanzminister Hans Jörg Schelling fordert von Kärnten, seinen Teil zu den Kosten der Hypo-Abbaueinheit Heta beizusteuern. Angesichts von Zahlungen, die schon geleistet wurden, werde die Summe weniger als die 500 Millionen Euro betragen, die im Zukunftsfonds liegen. Schelling bekräftigte am Montagabend in der "ZiB2", weder die Heta noch das Land Kärnten seien konkursgefährdet.
Harsche Kritik aus Bayern
Bayern hat indes für den zunächst befristeten Schuldenrückzahlungsstopp der Hypo-Bad-Bank Heta nur beißende Kritik übrig. Der bayerische Finanzminister Markus Söder sprach von einem "Offenbarungseid."
"Das Vorgehen wirft erneut ein schlechtes Licht auf den Finanzplatz Wien. Das Zahlungsmoratorium ist nichts anderes als ein Offenbarungseid", sagte der bayerische Minister Söder der "Passauer Neuen Presse" (Dienstag). Nun erscheine "auch jede Vergleichsoption grundlegend erschwert", erklärte der CSU-Politiker laut dpa. Deshalb baue der Freistaat auf die gerichtliche Auseinandersetzung: "Wir setzen weiter auf die Verfahren in München und Wien."
Finanzmarktaufsicht entscheidet
Am Tag nach dem von der Finanzmarktaufsicht verfügten Zahlungsmoratorium für die Hypo-Abbaugesellschaft Heta bis zum Mai 2016 hatten die rot-schwarzen Regierungsspitzen alle Hände voll zu tun, den Steuerzahlern die Konsequenzen dieses Schritts zu erklären. Wichtigste Botschaft, die die Regierung ausgab: "Die Republik haftet nicht für die Kärntner Haftungen", die im Süden für die Problembank eingegangen worden sind. Lediglich für die eine Milliarde Euro, für die eine Bundeshaftung vorliegt, werde man geradestehen, erläuterte Finanzminister Schelling auch im Ö1-Mittagsjournal. Und: Die Finanzmarktaufsicht müsse nun entscheiden, in welchem Umfang Gläubiger auf ihr Geld verzichten müssen. Es sei nicht gelungen, mit der Bayerischen Landesbank, die zwei Milliarden an Forderungen hat, einen Vergleich zu erzielen, räumte Schelling ein, trotzdem werde man mit den Bayern wie auch mit anderen Gläubigern "konstruktiv" verhandeln. Sollte es Klagen geben, gebe es im Rahmen des neuen Bankensanierungs- und -abwicklungsgesetzes geeignete Mechanismen.
Heißt übersetzt: Der Bund stopft ab sofort keine Finanzlöcher mehr, nachdem Wirtschaftsprüfer bei der Bad Bank erneut einen drohenden Krater von bis zu 7,6 Milliarden festgestellt haben. Ab sofort werde kein Euro Steuergeld mehr für die Heta-Schulden gezahlt.
Kanzler Faymann versuchte, das Thema von sich wegzuspielen, und stellt die Ereignisse so dar: "Ich habe unmittelbar nach der Entscheidung des Finanzministers einen vertraulichen Ministerrat einberufen, um dem Finanzminister die Möglichkeit zu geben, die Beweggründe für seine Entscheidung darzulegen. Die Bundesregierung hat seinen Bericht einvernehmlich positiv gesehen und ihn zustimmend zur Kenntnis genommen." Schelling habe dargelegt, "dass diese Vorgangsweise aus seiner Sicht unverzichtbar war".
Faymanns Anmerkungen
"Positiv" merkt der Kanzler an, "dass sowohl die Nationalbank als auch die anderen Institutionen der Republik gemeinsam mit dem Finanzminister die Vorgangsweise erarbeitet und befürwortet haben". Er selbst sehe für sich jedenfalls keinen Handlungsbedarf, erklärt Faymann: "Ich werde weder dem Finanzminister noch dem Nationalbank-Gouverneur Ratschläge erteilen oder mich in Prognosen versuchen. Beide haben ihre Einschätzungen zu den Haftungen der Republik abgegeben, die ich zur Kenntnis nehme. Zuständig ist jetzt eine unabhängige Behörde, der ich sicher keine Vorschläge unterbreiten werde, wie sie ihre Arbeit zu erledigen hat."
Faymann weist darauf hin, dass die jüngste Entwicklung keinen Einfluss auf die Steuerreform habe. "Wir werden jetzt Steuern senken", sagt er.
"Spatz in der Hand"
Die Kärntner Landesregierung begrüßt das Heta-Moratorium. "Damit ist eine Insolvenz der Bank und des Landes Kärnten vom Tisch", erklärte ein Sprecher von Landeshauptmann Peter Kaiser. Jetzt sei es Sache des Bundes und der Finanzmarktaufsicht, Gespräche mit den Gläubigern zu führen. "Denen wird der Spatz in der Hand lieber sein als die Taube auf dem Dach." Wenn nun Gläubiger klagen, müsse der Bund diese Prozesse ausfechten. Die Bank und damit Kärnten in die Pleite zu schicken sei ohnehin keine mögliche Option gewesen. Letztlich hätte in jedem Fall der Bund und damit der Steuerzahler einspringen müssen.
Die Grünen und das Team Stronach verlangten am Montag eine Sondersitzung im Parlament zu den aktuellen Vorgängen bei der Heta, die Blauen drängten zu- dem auf einen Sonderfinanzausschuss. Grundsätzlich begrüßen Teile der Opposition aber den geordneten Rückzug aus der Heta, denn: "Es ist das erste Mal, dass ein Finanzminister den Schaden nicht noch vergrößert, sondern versucht, das Ruder in die andere Richtung zu drehen", so die grüne Chefin Eva Glawischnig. Für die Neos kommt der Zahlungsstopp zumindest der von ihnen verlangten Insolvenz recht nahe. FPÖ-Obmann Heinz-Christian Strache dagegen besteht weiterhin darauf, dass "der einzig richtige Weg" ein Konkurs der Bank wäre.
Auf den anstehenden U-Ausschuss zur Causa Hypo dürften die jüngsten Vorgänge keine dramatischen Auswirkungen haben. FPÖ-Fraktionsführer Elmar Podgorschek kann sich im STANDARD-Gespräch vorstellen, das Kapitel rund um die Kärntner Haftungen zu verkürzen, um genauer zu beleuchten, ob die nunmehrigen Gläubigerbeteiligungen "nicht um einige Jahre zu spät" kämen. Der grüne Fraktionschef Werner Kogler erachtet es allerdings nicht für notwendig, das anvisierte Programm im Untersuchungsgremium umzukrempeln.
Werner Faymann ließ sich von Hans Jörg Schelling Bericht erstatten. Durch die geordnete Abwicklung soll erst einmal verhindert werden, dass die Haftungen schlagend werden. Das sei jetzt Aufgabe des Finanzministers, erklärt der Kanzler, der sich nicht weiter einmischen will. (Michael Völker, Nina Weißensteiner, DER STANDARD, 3.3.2015)