Ferragamo und Etro zeigten in Mailand luxuriöses Flickwerk, während bei Jil Sander und Bottega Veneta geometrische Muster dominierten. Dolce & Gabbana feiern die Mütter, Giorgio Armani bleibt sich treu.

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ARMANI

Im letzten Jahr wurde Giorgio Armani 80, in diesem Jahr feiert er sein 40. Unternehmensjubiläum. Während am Donnerstag bei Emporio Armani, der einige Jahre später gegründeten Zweitlinie, die Models mit schwarz verstrubbelten Bob-Perücken ausgerechnet die Farbe Rot plus verwandte Farbnuancen, einige Rüschenelemente und applizierte Blütenmotive vorführten, wurden bei Giorgio Armani Montagvormittag Bubikrägen lose über Blazer und Westen gelegt.

Dazu graue Blazer, kleine kastige Jacken, knöchellange Bundfaltenhosen. Zum Schluss eine Parade an Abendgarderobe in Blau bis Rosa. Dem runden Jubiläum steht nichts mehr im Wege.

Foto: APA/EPA/MATTEO BAZZI, REUTERS/ALESSANDRO BIANCHI

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DOLCE & GABBANA

An diesem Sonntagnachmittag war die Welt für eine Show lang in Ordnung – und sogar Anna Wintour zeigte, dass sie zu einem Lächeln fähig ist. Denn bei Dolce & Gabbana ging es um die ganz großen Gefühle: Viva la Mamma oder Mutti ist die beste! Drei Babies wurden über den Laufsteg getragen, ein kleines Mädchen tapste an der Hand der Modelmama, eine Schwangere stakste mit Babybauch über den langen Laufsteg, aus den Boxen tönte "Mama" von den Spice Girls. Dazu Rosenmuster in Hülle und Fülle, statt mütterlicher Heiligenscheinen glitzernde Kopfhörer, italienische Oden an die Mütter ("ti amo mama") und ganz im Sinne von Angelina Jolie Kleider, die mit Kinderkritzeleien verschönert waren

Foto: apa/epa/del zennaro/ ap/bruno/Reuters/bianchi

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Wem dieser vorgezogene Muttertag noch nicht genug war, wird sich über das beigelegte Geschenk zur Show besonders gefreut haben: Ein Tuch, bekritzelt mit herzallerliebsten Kinderkrakeleien: "Mama sei una regina". So was kann auch nur den beiden Sizilianern einfallen.

Foto: reuters/bianchi

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ETRO

An einer Etro-Show in der Via Piranesi gibt es stets einige Dinge zu schätzen: Die zuverlässige Verköstigung mit kleinen Häppchen und Orangensaft vor der Show zum Beispiel und natürlich die kleinen Kissen, die die Sitzerei auf den schmalen Sitzbänken ein bisschen annehmlicher gestalten und nach Hause mitgenommen werden dürfen.

Es verwundert also nicht, wenn Veronica Etro diesmal die Interieur-Kompetenzen des Unternehmens, das seit den Achtziger Jahren Heimtextilien produziert, auf ihre Kollektion überträgt. Für die hat sie hat sich anregen lassen von Teppichen, Gobelins, Tapeten. Jedes Kleidungsstück: Ein Patchwork aus unzähligen Tweedstoffen und Brokat, ein "kontrollierter Maximalismus", der sich deutlich von der Fransenparade der Sommerkollektion abhebt: Statt loser Siebziger-Silhouetten wird diesmal Form gewahrt - das Patchwork ist Herausforderung genug.

Foto: reuters/bianchi/apa/epa/Bazzi (mitte)

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FERRAGAMO

Nicht nur Veronica Etro setzte auf die Kunst des Zusammenstückelns, auch das Unternehmen Ferragamo, bald 90 Jahre alt, spielte mit zusammengesetzter Kleinteiligkeit. Designer Massimiliano Giornetti interpretierte die Siebziger Jahre auf klassische Weise und deklinierte das Patchwork in Karminrot, Senf, Beige, Braun, Schwarz auf überknielangen Kleidern und Mänteln durch.

Daneben Faltenröcke, übergeworfene Capes, zusammengeknotete Ledergürtel und Schuhe, die sich an bekannte Ferragamo-Klassiker anlehnten. Hingucker des Nachmittags: Das deutsche Model Anna Ewers (Mitte), das für Alexander Wangs Jeanslinie zuletzt die Hüllen fallen ließ, lief zugeknöpft über den gemusterten Laufstegteppich: In einem kleinteiligen Patchworkmantel aus Pelz.

Foto: apa/epa/lo scalzo/Reuters/garofalo

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BOTTEGA VENETA

Das britische Model Edie Campbell (Mitte) eröffnete wie in der letzten Saison die Show von Bottega Veneta. Was folgte, hatte allerdings wenig mit den losen Ballettanleihen der letzten Saison am Hut. Auf David Bowies Ansage von Prokofievs "Peter und der Wolf" ließ Tomas Maier im wie immer handverlesenen Rahmen eine ungewöhnlich geometrische, eine strukturierte "Muster-Kollektion" auflaufen: Gerasterte Punkte wurden über Kleider, Mäntel, Pullunder und Hosen gelegt, gefolgt von großflächigen Karos – die sahen aus wie auf die Mäntel oder Capes gepinselt.

Geometrische Muster wurden von Spitzenspielereien abgelöst und goldenen Schuhen und Stiefeln akzentuiert, die Grundhaltung der Kollektion trotz der eckig wie streng herausgearbeiteten Mantel- und Kleiderschultern: Tiefenentspannt. Vielleicht lags ja an den vielen locker geschnittenen Hosen. Der letzte Auftritt gehörte dann wieder Edie Campbell – in einem dunklen Männeranzug.

Foto: ap/calanni/(l./r.) Reuters/garofalo

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MARNI

1994, das war in mehrfacher Hinsicht ein modisch bemerkenswertes Jahr. Damals hob nicht nur Designerin Consuelo Castiglioni das auf Leder und Pelz spezialisierte Label Marni aus der Taufe. Gleichzeitig bekannten die Supermodels der Neunziger in einer Peta-Kampagne: "Lieber nackt als Pelz." Über zwei Jahrzehnte später hat sich die Stimmung wieder gedreht und Castiglioni an ihre Anfänge angeknüpft.

Denn für den kommenden Herbst hat sie jede Menge Pelz zerlegt. Und als aufgesetzte Taschen, haarige Ärmel, üppige Krägen, ärmellose Westen in der Kollektion verarbeitet. Dazu wurde viel von dem, was gerade auch über die anderen Laufstege lief, kombiniert: Rollkrägen, handtellerbreite Gürtel und weite, zum Saum hin geschlitzte Hosen. Überhaupt diese Schlitze. Die schlagen seitlich vertikale Sichtschneisen in wadenumspielende Kleider und Mäntel. Und die Pelzgegner? Müssen sich warm anziehen. Die Models trugen Taschen mit schrägem Gurt seitlich und auf dem Rücken befestigt. Vage erinnerten sie an Waffenholster.

Foto: apa/epa/del zennaro/ap/bruno

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VERSACE

Wie schon in der letzten Saison gute Stimmung bei Versace im Headquarter in der Via Gesù. Im gartenüberdachenden Zelt wurde diesmal ein Gerüst aufgebaut, über das die Models auf goldenen Plateau-Absätzen hinunter geschickt wurden. Keine Frage, der Zeitgeist rückt an die tütenförmig auslaufenden Hosen, die breiten Gürtel mit den großen Schnallen, die spitzen Overknee-Stiefel und die über dem Knie ausgeschnittenen langen Mantelkleider heran.

Und Versace? Erwidert diese Zuneigung prompt. Das Label gibt sich mit schimmernd aufgestickten Hashtags, @-Zeichen und Emojis am digitalen Puls der Zeit. Und kommuniziert auch sonst jede Menge Selbstbewusstsein: Mit Ohrringen und Ringen, bestehend aus den Versace-Initialen, über Sweatshirts liegen Versace-Schriftzüge. Dazu das griechische Schlüsselmotiv, alles aufbereitet in knalligen Primärfarben: Rot, Gelb, Grün.

Foto: reuters/garofalo/apa/epa/lo scalzo

JIL SANDER

Das Setting bei Jil Sander gab die Richtung vor. Der geordnete Wald aus Stelen in Grau, Rot, Limonengrün, kündigte die vertikale Ausrichtung der zweiten Kollektion des Rodolfo Paglaialunga schon an. Während er in seinem Jil Sander-Debüt vor allem den knieumspielenden Culottes den Teppich ausrollte, reichten die Röcke, Kleider, Mäntel, diesmal fast ausschließlich bis zur Mitte des Unterschenkels. "Order in disorder" - die langgezogenen Silhouetten wurden von geometrischen Linienspielen durchbrochen.

Neben denen erlaubte sich Paglialunga nur in Details Farbe - und zwar meist nach oben und unten hin. Unter den Rollkrägen lugten fein gefältelte pastellfarbene Stehkrägen in Rosa, Türkisblau, Limonengrün hervor, an den Füßen: Gelb, Orange. Ein bisschen erinnerte dieser Farbeinsatz an den von Raf Simons. Allerdings wirklich nur ein ganz ein bisschen.

(Anne Feldkamp, derStandard.at, 2.3.2015)

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Foto: Jil Sander