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Matteo Salvini, der hemdsärmelige, oft rüpelhafte Volkstribun. Seine Lega Nord legt zu, während das Berlusconi-Lager zerbröckelt.

Foto: Reuters / Max Rossi

"Wir wollen das Land regieren, denn Italien verdient Besseres. Und in Rom beginnt der Einsatz zur Eroberung des Landes!", rief Lega-Nord-Chef Matteo Salvini am Samstag bei einer Großkundgebung in Rom, an der mehrere zehntausend Menschen aus ganz Italien teilgenommen haben. Das unmissverständliche Motto der Kundgebung lautete: "Renzi nach Hause!" Der Regierungschef sei "ein alberner Sklave der EU" und ein Freund des Großkapitals, donnerte Salvini. Er hingegen stehe auf der Seite der kleinen und mittleren Betriebe, um die sich niemand kümmere, die aber das Rückgrat des Landes darstellten.

Die Demonstration der unter Salvini noch weiter nach rechts gerückten Lega Nord bedeutete gleichzeitig den Schulterschluss einer neuen, radikalen Rechten Italiens: An der Kundgebung beteiligten sich auch die Kleinpartei Fratelli d'Italia (ein postfaschistisches Sammelbecken) sowie die neofaschistische Studentenorganisation Casa Pound.

Ein Höhepunkt der Demo war eine Videoschaltung mit der Chefin des rechtsextremen französischen Front National, Marine LePen, mit welcher Salvini im EU-Parlament eng zusammenarbeitet. Auch eine Grußbotschaft von FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache wurde in Rom verlesen.

Immigranten als "Zecken"

Die Zeiten, in denen Lega-Nord-Gründer Umberto Bossi und seine "Padanier" gegen das "räuberische Rom" zu Felde zogen und eine Abspaltung vom "parasitären Zentralstaat" forderten, sind vorbei. Seit Salvini vor etwas mehr als einem Jahr am Ruder ist, will man Rom nicht mehr loswerden, sondern dort regieren. Die Feindbilder sind nunmehr der Euro, Brüssel und die deutsche Kanzlerin Angela Merkel - und natürlich, so viel Kontinuität muss sein - die Immigranten, die Salvini in lupenreinem Neofaschisten-Jargon als "Zecken" bezeichnete.

Der 42-jährige Mailänder Salvini hat sich in den letzten Monaten zum Sprachrohr der Krisenverlierer in Italien gemacht: Die verunsicherte und ums wirtschaftliche Überleben kämpfende Mittelschicht hat von Regierungschef Matteo Renzi trotz zahlreicher und zumeist großspuriger Ankündigungen und Versprechen bisher noch keine echte Unterstützung gespürt. Weder wurde die extrem hohe Steuerbelastung gesenkt, noch die Bürokratie eingedämmt, noch wurden effiziente Wachstumsimpulse gesetzt.

Höhenflug in Umfragen

Die Folge: Salvini, der "andere Matteo", wie er in Anspielung auf den identischen Vornamen Renzis genannt wird, ist inzwischen der zweitpopulärste Politiker hinter dem sozialdemokratischen Regierungschef. Die Lega Nord, die bei den Parlamentswahlen von 2013 auf vier Prozent abgestürzt war, erreichte in den letzten Umfragen 15 Prozent - obwohl sie sich im armen Süden, den Bossi noch sich selbst überlassen wollte, derzeit noch schwertut.

Auch dies soll sich in Kürze ändern: Die Gründung einer neuen "Lega" ohne den Zusatz "Nord" ist nur eine Frage der Zeit. Schon jetzt erreicht Salvinis Partei höhere Umfragewerte als Silvio Berlusconis Forza Italia, die nur noch bei elf bis zwölf Prozent dümpelt. (Dominik Straub aus Rom, DER STANDARD, 2.3.2015)