Wien - Der Filmhändler Herbert Kloiber denkt gerade nicht an einen Ausstieg aus dem Privatsender ATV und weist Spekulationen über einen Verkauf zurück. "Im Moment steht nichts zur Diskussion: weder für 50 noch für 35 Millionen, weder mit RTL noch mit ProSieben", sagte Kloiber der APA.

Dem österreichischen Markt würde das "gar nicht so wahnsinnig gut tun", erklärt Kloiber, räumt aber auch gleich ein: "Ein Unternehmer, der Einzelunternehmer ist und keine Aktionäre hat, kann Montagfrüh aufwachen und sagen, ich geh jetzt lieber segeln, und dann verkauf ich das Graffel, und wenn es einen dünkt, dass es nicht der richtige Zeitpunkt ist, dann tut man es halt nicht."

Der aus Wien stammende Kloiber zeigt sich mit der Performance von ATV derzeit ganz zufrieden: "Nach dem Fehltritt mit Wien Tag und Nacht, der ja ein durchaus ehrenwerter Versuch war, aber in den Ratings nicht so, wie wir es uns vorgestellt haben, sind wir dieses Jahr gut gestartet. Im Jänner und Februar sind wir in der jungen Zielgruppe wieder Marktführer, was uns sehr wichtig ist." Mehr habe sich ATV im ersten Quartal auch nicht vorgenommen.

Fiktion: ATV mal drei

Innerhalb der nächsten zwölf Monate will Kloiber ATV 3 starten. Das werde "kein Sportsender oder Newssender oder Zielgruppensender für Frauen", sondern "im weitesten Sinne ein Sender mit fiktionalem Programm".

Kritik übt der ATV-Eigentümer an der heimischen Medienpolitik. "Ich verspüre keinen leisen Ansatz von Medienpolitik in diesem Land. Nicht an den Rändern, nicht im geringsten, überhaupt nicht. Ich habe von Herrn Ostermayer seit der Rettung des Burgtheaters wenig medienpolitische Aussagen gehört." Verglichen mit anderen Ländern liege Österreichs duales Rundfunksystem "glatt am letzten Platz". Wegen der Bevorzugung des ORF herrsche ein "sehr ungleiches Wettbewerbsumfeld - man muss das schon mögen, um es weiter zu betreiben".

Nachhaltiges Konzerninteresse an ATV

Trotz Verlusten bei ATV sieht Kloiber das Engagement beim Privatsender aber als Geschäft: "Ja absolut, durchaus. Glauben Sie mir, sonst würde ich in meinem Alter nicht wirklich weitermachen. Es ist natürlich nicht für jeden klar erkennbar, und es ist auch nicht für jeden angenehm zu erfahren, dass, obwohl wir Netto nicht positiv bilanzieren, wir konzernmäßig ein sehr nachhaltiges Interesse haben, in diesem Land ein wenn auch nicht gleichgewichtiges duales Rundfunksystem, so doch ein gewisses Wettbewerbsumfeld zu befördern."

ATV-Chef Martin Gastinger, "Bauer sucht Frau"-Moderatorin Arabella Kiesbauer, ATV-Eigentümer Herbert Kloiber (Tele München).
Foto: ATV/Richard Tanzer


APA: Zufrieden mit der Performance von ATV? Im Herbst meinten Sie ja, der Sender dreht sich am Stand ...

Kloiber: Nach dem Fehltritt mit Wien Tag und Nacht, der ja ein durchaus ehrenwerter Versuch war, aber in den Ratings und der Kosten-Nutzung nicht so, wie wir es uns vorgestellt haben, sind wir dieses Jahr gut gestartet. Im Jänner und Februar sind wir in der jungen Zielgruppe wieder Marktführer, was uns sehr wichtig ist. Mehr haben wir uns für diesen ersten Quartalsbereich auch nicht vorgenommen.

APA: Sie meinten, Sie schauen sich das bis Ende 2015 an und würden dann sagen, wenn sie unzufrieden sind?

Kloiber: Erstens sage ich täglich, ob ich zufrieden oder unzufrieden bin, nicht nur am Ende des Jahres 2015, das allerdings nicht in der Öffentlichkeit. Und zweitens sind wir so, wie wir jetzt unterwegs sind, zufrieden.

APA: Wird es nach ATV und ATV 2 weitere ATV-Sender geben?

Kloiber: ATV 3 ist ein Plan, der nicht eingestellt ist, wir sind allerdings in der derzeitigen Marktsituation und in der Verbreitungsfrage nicht an einen bestimmten Termin gebunden. ATV 3 ist ein Projekt, das weiterentwickelt wird. Als wir die Idee für ATV 3 hatten, gab es ja den einen oder anderen kleinen Sender der Gruppen RTL oder ProSieben noch nicht. Jetzt gibt es immer mehr "Sixxes" und "ProMaxes". Da muss man natürlich schauen, dass man seine Nische noch findet. Aber im weitesten Sinne wird ATV 3 ein Sender mit fiktionalem Programm, kein Sportsender oder Newssender oder Zielgruppensender für Frauen.

APA: Wann soll ATV 3 starten?

Kloiber: Innerhalb von Jahresfrist. Jahresfrist sind 12 Monate.

APA: Sind Sie gerade an irgendwelchen großen Sportrechten dran? Der Fußball-EM 2016 etwa?

Kloiber: Das ist nichts, was in der Öffentlichkeit zur Diskussion steht. Sport ist bei ATV immer wieder gut gelaufen, aber es ist auch die Frage, ob man diese Highlights braucht, um den Driver noch mal aufzuladen. Im Moment brauchen wir nicht Millionen für Sportrechte ausgeben, die sich nicht refinanzieren lassen, weil es in der klassischen österreichischen Produktion so gut läuft, dass man sagt, das Geld gibt man lieber anders aus. Die Fußball-EM ist für uns kein Thema, auch Katar im Winter 2022 nicht.

APA: Es gab immer wieder Spekulationen über einen ATV-Verkauf. Sie haben das stets dementiert. Zuletzt hat der "Extradienst" behauptet RTL, ProSieben und Sky hätten Interesse gezeigt. Es soll eine Due-Dilligence-Prüfung gegeben haben. Das höchste Angebot sei bei 35 Millionen Euro gelegen haben. Ein Verkauf sei aber gescheitert, weil Sie 50 Millionen für ATV wollten. Ist da was Wahres dran?

Kloiber: Nein, das stimmt nicht. Ich glaube, da müssen Sie den Herrn Mucha besser füttern - mit irgendetwas. Ich lese leider den Herrn Mucha in München nicht, deshalb kann ich mich auch kaum darüber aufregen, aber es ist mir auch wurscht, wenn es in der "Welt am Sonntag" steht. Ein Unternehmer, der Einzelunternehmer ist und keine Aktionäre hat, kann Montagfrüh aufwachen und sagen, ich geh jetzt lieber segeln und dann verkauf ich das Graffel, und wenn es einen dünkt, dass es nicht der richtige Zeitpunkt ist, dann tut man es halt nicht. Im Moment steht nichts zur Diskussion: weder für 50, noch für 35 Millionen, weder mit RTL, noch mit ProSieben. Das würde dem österreichischen Markt auch gar nicht so wahnsinnig gut tun.

APA: Die Must Carry-Situation war einer der Gründe für den ATV-Ausstieg beim Verband Österreichischer Privatsender (VÖP). Nun plant die Regierung ein Rundfunkpaket, in dem die Must Carry-Regelung, die festlegt, dass Anbieter von Programmbouquets bestimmte Programme bringen müssen, präzisiert werden soll ...

Kloiber: Wenn Sie sich erinnern, war Anlass des Ausstiegs die völlig konträre Postion des VÖP geleitet von Herrn Breitenecker und unserer, was die Must Carry-Situation in Österreich anbelangt. Ich verstehe, dass der Mann sich nicht in der Mitte spalten kann und zwischen Puls und seinen anderen Sendern verschiedene verbandspolitische Positionen ergreifen kann. Für uns war es ein Befreiungsschlag zu sagen, die drei Termine, die uns medienpolitisch wichtig sind, können wir auch sehr zeitschonend ohne den VÖP machen. Und das haben wir auch gemacht. Die Position, die wir vertreten, ist noch in der Begutachtungsphase. Ob die dann zu Gesetz oder nicht zu Gesetz wird, weiß man ja in Österreich auch erst immer nachher. Aber wir wären nicht unzufrieden, wenn die Must Carry-Regelung in der Gestalt kommt, wie wir uns das schon seit ein paar Jahren gewünscht haben.

APA: Was halten Sie von der aktuellen Medienpolitik?

Kloiber: Ich verspüre keinen leisen Ansatz von Medienpolitik in diesem Land. Nicht an den Rändern, nicht im geringsten, überhaupt nicht. Ich habe von Herrn Ostermayer seit der Rettung des Burgtheaters wenig medienpolitische Aussagen gehört. Die Must Carry-Regelung ist ja auch noch eine Agenda von davor.

APA: Sie sind in vielen Ländern aktiv. Wo ordnen Sie da das duale Rundfunksystem Österreichs ein?

Kloiber: Also ich kenne nicht alle Länder, aber die, die ich kenne, da wäre Österreich glatt am letzten Platz. Mit einer auch kontinuierlichen Abstufung nach unten. Rund um das Jahr 2000 war ja die Chance gegeben, dass man im Nachziehen des viel zu spät eingeführten privaten Fernsehens ein bisschen aufholt, aber da hat sich nichts getan. Limitierung Werbezeiten im Öffentlich-Rechtlichen, Grundauftrag des Öffentlich-Rechtlichen. Es ist einfach ein sehr ungleiches Wettbewerbsumfeld hier. Man muss das schon mögen, um es weiter zu betreiben.

APA: Wie steht es derzeit um die Beziehungen zum ORF?

Kloiber: Mein Verhältnis war - mit wenigen Ausnahmen vielleicht rund um den Abgang von Dominic Heinzl - immer völlig entspannt. Wir liefern sowohl den letzten "James Bond" wie den nächsten, wie den "Hobbit", also von den zehn größten Filmen des Jahres sicherlich neun. Wir liefern viele Serien, wir produzieren für den ORF in allen möglichen Richtungen, so dass sich meine Kampfeshandlungen sehr spezifisch auf einzelne Themen beschränken, die halt auch nicht überbrückbar sind.

APA: Wie wirken sich die neuen Streamingdienste auf ihr Geschäft aus?

Kloiber: Das befördert den Umsatz, weil viele Rechte von tausenden Filmen, die bei uns lagern, jetzt immer wieder neu gebraucht werden. Natürlich nimmt das Videoleihgeschäft etwas ab, gleichzeitig nehmen die On Demand-Geschäfte zu. Wir machen ja etwa für A1 die On Demand-Plattform und wir beliefern natürlich auch Netflix mit Filmen und Serien.

APA: Sie liefern auch viele Filme und Serien an ATV. Zugleich gibt es immer wieder Spekulationen, dass der Sender hohe Verluste macht. Ist ATV für Sie ein Geschäft?

Kloiber: Ja absolut, durchaus. Glauben Sie mir, sonst würde ich in meinem Alter nicht wirklich weitermachen. Es ist natürlich nicht für jeden klar erkennbar, und es ist auch nicht für jeden angenehm zu erfahren, dass, obwohl wir Netto nicht positiv bilanzieren, wir konzernmäßig ein sehr nachhaltiges Interesse haben, in diesem Land ein wenn auch nicht gleichgewichtiges duales Rundfunksystem, so doch ein gewisses Wettbewerbsumfeld zu befördern. Und das hält die Situation im Grunde genommen auch aus. Der ORF bilanziert auch ohne Gebührenrefundierung im Plus, und wir machen nicht so viel Verlust, dass es uns an den Rand des Ruins treibt. Ich glaube die besorgniserregendste Situation wäre in Österreich erst dann gegeben, wenn sich das gesamte Marktumfeld dreht, also die Nettowerbeeinnahmen sinken. Das ist im Moment bestenfalls bei Print der Fall, aber nicht bei den elektronischen Medien.

APA: Wie lange werden sie noch aktiv im Geschäft sein. Ihr Sohn hat ja schon einige Agenden übernommen?

Kloiber: Ich habe überhaupt kein D-Day-Szenario. Mein Sohn macht mit dem Film- und Lizenzhandel einen der Kernbereiche in unserem Geschäft. Aber die unternehmerische Verantwortung für RTL 2, Tele 5, ATV, den Kinoverleih und Video mache ich, solange ich lustig bin.

APA: Sie sind ein großer Opern-Liebhaber. Wie beurteilen Sie die Entwicklung der Staatsoper seit dem Abgang von Franz Welser-Möst?

Kloiber: Dazu äußere ich mich ungern, weil ich hab schon so viel Böses über Herrn Meyer gesagt. Ich halte die Staatsoper bestenfalls in einer Phase des Stillstands. Ich freue mich, dass mein Schulfreund Alexander Pereira weitere fünf Jahre an der Scala sein wird, und wir machen natürlich nach wie vor diese Metropolitan-Sachen, die sehr erfolgreich sind. Wir machen zehn im Jahr. Und aus der Wiener Staatsoper hört man bestenfalls, wenn Herr Shicoff nicht singt, wird das Stück abgesetzt, weil es niemanden gibt, der es statt ihm singen kann.

APA: Wo gehen Sie derzeit lieber in die Oper? In Wien oder in Mailand?

Kloiber: Ich geh in den Musikverein. (Johannes Bruckenberger, APA, 27.2.2015)