Wien – 80 Frauen, das klingt zunächst nicht unbedingt nach viel: Seit 2009 haben im Rahmen eines Volkshilfe-Projekts in der Westsahara 80 Frauen ein Hebammentraining erfahren. Ist es aber, wenn man bedenkt, dass sich im verfügbaren "Krankenhaus" - ein Lager aus Lehmziegeln, in zweieinhalb Autostunden erreichbar - nicht einmal ein Arzt findet, stellt Andrea Tauber von der Volkshilfe fest.

Perspektiven

Das umstrittene Gebiet Westsahara ist etwa dreimal so groß wie Österreich und ist seit 1975 zu etwa zwei Drittel von Marokko besetzt. 160.000 Menschen leben in fünf Flüchtlingscamps, haben kaum Wasser, Nahrungsmitteln oder medizinische Versorgung. "Und keine Perspektive, woher auch", stellt Tauber, Projektmanagerin der Internationalen Zusammenarbeit, fest. Das Hebammen-Projekt der Volkshilfe Österreich soll zumindest eine Perspektive geben.

Zur Zielgruppe des Hebammentrainings und der Geburtshilfe zählen sowohl ältere Frauen, die traditionelles Wissen mitbringen, als auch die Jungen, die eine Pflegeausbildung absolvieren.

80 Frauen geschult

Sie alle sind auch Multiplikatorinnen und können ihr erlerntes Know How wieder weitergeben. Seit Projektstart 2009 wurden rund 80 Frauen geschult, erklärte Tauber. Sie selbst besucht das Gebiet im April das erste Mal: "Ich mache Entwicklungshilfe seit 14 Jahren und bin gut informiert. Ich erwarte, dass es genauso schlimm ist wie die Berichte, die man darüber liest."

Ursula Walch kennt die Westsahara bereits von mehreren Aufenthalten. Die Hebamme – und Dolmetscherin und Autorin aus der Steiermark – schult die Frauen in den Camps. Die Probleme dabei sind zahlreich, angefangen bei der hohen Kinder- und Mütter-Sterblichkeit über die Analphabetinnen unter den traditionellen Hebammen bis hin zu Strommangel in der abgelegenen Oase Dajla. "Ich improvisiere, anders geht es gar nicht", so die Hebamme.

Skepsis

"Am Anfang sind die Frauen immer skeptisch, aber wenn man sich Zeit nimmt - und das ist das einzige, was man dort wirklich hat - und mit ihnen Tee trinkt, werden sie sehr gesellig", erklärte Walch. "Inzwischen respektieren sie mich nicht nur, sondern freuen sich richtig auf mein Kommen, obwohl das für sie Arbeit bedeutet."

Die politische Situation sei verfahren, aber man könne den Menschen das Gefühl geben, dass es für sie Verständnis gibt. Walch engagiert sich mit ihrem Verein Saama auch gegen Genitalverstümmelung von Frauen. Aktuell ist sie hierzu im Senegal aktiv.

10.000 bis 15.000 Euro Jahresbudget

Für das Projekt der Volkshilfe in der Westsahara steht laut Tauber ein Jahresbudget von 10.000 bis 15.000 Euro zur Verfügung. Davon werden die Anreise, medizinische Ausstattung und das Honorar bezahlt.

Auf Spenden ist man angewiesen, die Austrian Development Agency (ADA) habe die Westsahara komplett aus dem Programm gestrichen, so Tauber. Mit Spenden soll nun auch ein Arzt aus der Region für ein Jahr bezahlt werden. Tauber will bei ihrem Aufenthalt im April alles Organisatorische regeln.

Jahrzehnte des Konflikts

Der Konflikt um die Westsahara schwelt seit Jahrzehnten. Nach dem Abzug der früheren Kolonialmacht Spanien 1975 annektierte Marokko einen Großteil des Territoriums und betrachtet es als Teil seines Staatsgebietes.

1988 kam es auf Vermittlung der UNO zu einer Waffenruhe und 1991 wurde die Friedensmission MINURSO von der UNO zur Überwachung des Waffenstillstands und zur Begleitung der Durchführung eines Selbstbestimmungsreferendums in die Westsahara entsandt. Dazu kam es allerdings bis heute nicht. Das Gebiet ist durch den "Marokkanischen Wall" in zwei Zonen geteilt. Den Westen kontrolliert Marokko, den Osten und Süden hält die Befreiungsbewegung Frente Polisario. (APA, 26.02.2015)