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Das Atomkraftwerk Hinkley Point sorgt europaweit für Debatten. Der Energiemix wird aber auch künftig Sache der Nationalstaaten bleiben

Foto: reuters/SUZANNE PLUNKETT

Brüssel/Wien - Nach Umsetzung der Bankenunion mit einheitlichen Benimm- und Aufsichtsregeln für den Finanzsektor will die EU-Kommission eine Flurbereinigung auf dem bisher ebenfalls stark zersplitterten Energiefeld machen. Das am Mittwoch von Energiekommissar Miguel Arias Cañete und vom EU-Vizepräsidenten für die Energieunion, Maros Sefcovic, vorgestellte Grundsatzpapier zur Energie- und Klimapolitik stieß auf Lob und Tadel.

Die wichtigsten Komponenten der beabsichtigten Energieunion lassen sich mit fünf Schlagworten benennen: Energiebinnenmarkt, Versorgungssicherheit, Solidarität, Energieeffizienz, weniger CO2, Forschung und Innovation zur Steigerung der Wettbewerbsfähigkeit. Dass die Schlagkraft Europas nach außen erhöht werden soll, stellt kaum jemand infrage. Im Detail gibt es aber zum Teil erhebliche Auffassungsunterschiede.

Nutzung der Nuklearenergie

Das betrifft insbesondere die weitere Nutzung der Nuklearenergie. Während Österreich seit 1978, als eine hauchdünne Mehrheit (50,47 Prozent) der Bevölkerung sich in einer Volksabstimmung gegen den Fertigbau des Atomkraftwerks (AKW) Zwentendorf ausgesprochen hat, stramm auf Antiatomkurs ist, schaut es in anderen Teilen Europas anders aus. Frankreich, aber auch Großbritannien, das mit Hinkley Point erstmals seit vielen Jahren wieder ein neues AKW errichten will, haben sich zuletzt für einen sogenannten neutralen Technologieansatz zur Erreichung der Klimaschutzziele starkgemacht.

Prinzipiell ist und bleibt der Energiemix auch in einer künftigen Energieunion Sache jedes einzelnen Mitgliedsstaats, stellte Kommissar Cañete am Mittwoch klar. Die Nutzung der Nuklearenergie müsse "eben sicher sein", und man müsse "schauen, was mit den Kernabfällen, mit der Entsorgung passiert". EU-Kommissionsvize Sefcovic kündigte an, dass er noch heuer "einen illustrativen Ausbauplan" für AKWs in Europa vorlegen wird.

"Totalabsage an Klimaschutz"

"Diese Energieunion ist ein Angriff auf jegliche vernunftgeleitete Wirtschafts- und Energiepolitik und eine Totalabsage an den Klimaschutz" , sagte die Umweltsprecherin der Grünen, Christiane Brunner.

"Wir teilen das wichtige Ziel, dass die Energiewende im europäischen Binnenmarkt enger abgestimmt werden muss. Bei den dafür nötigen Prioritäten und Maßnahmen sehen wir aber noch viel Diskussionsbedarf", hieß es im Büro von Wirtschaftsminister Reinhold Mitterlehner (ÖVP). (Günther Strobl, DER STANDARD, 26.2.2015)