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Wünscht sich, dass Basketball-Österreich mehr über den Tellerrand hinausschaut: Güssing-Trainer Matthias Zollner.

Foto: APA/Trimmel

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Nationalteamspieler Sebastian Koch.

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Wien/Güssing - Der französische Spitzenverein JSF Nanterre hat also die Reise der Güssing Knights durch Basketball-Europa gestoppt. Umsonst war sie freilich nicht.

Der Ruf des österreichischen Basketballs will aufpoliert werden. Karl Schweitzer, Präsident der Bundesliga (ABL), freut sich speziell über den Erfolg in Güssing. "Spätestens dieser großartige Erfolg gegen eine europäische Spitzenmannschaft sollte das Zeichen für viele Kritiker sein, das Image der Liga zurechtzurücken." Im Herbst wurde Basketball von der Bundessportkonferenz hinsichtlich der internationalen Wettbewerbsfähigkeit auf den letzten Platz gereiht.

Basketball kam von allen 60 bewerteten Sportarten am schlechtesten weg und erhielt gemeinsam mit Darts 0,00 Wertungspunkte – unter anderem hinter Baseball/Softball, Curling, Floorball, Rugby oder Angeln – und bekommt daher 2015 kein Geld aus dem Bundessport-Förderungsfonds (BSFF). Dass Österreichs Basketball-Damen immerhin Europameister bei der "EM der kleinen Länder" wurden, fand keinen Niederschlag im Ranking. Und die EM-Qualifikationsspiele des Basketball-Herren-Nationalteams wurden zwar im Fernsehen gezeigt, aber im "falschen" Kanal, nämlich auf ORF SportPlus. Berücksichtigt wurde nur Sendezeit in ORF1 und ORF2.

Das Geld und die Bäume

Güssings Europacup-Abenteuer konnten nur im Internet per Livestream verfolgt werden. Für Zollner ist ein Verein auf Europareise zu wenig. "Ungarn hat heuer mit drei Mannschaften in der Eurochallenge genannt. Dort wächst das Geld auch nicht auf den Bäumen. Kapfenberg hat sechs Legionäre und will sich die Teilnahme am Europacup nicht leisten. So kommen wir nicht weiter", sagt Headcoach Matthias Zollner. Österreichs Basketball brauche internationale Erfolge, um öffentlich auf sich aufmerksam zu machen. Höhere Intensität, höheres technisches Niveau im europäischen Vergleich, davon profitiere auch das Nationalteam, so der Deutsche. Und das ist nun einmal das Zugpferd für Randsportarten.

Güssing hat sich gemausert. Anfang der Nullerjahre noch ein Landesligaverein, feierte man letztes Jahr den ersten Meistertitel der Klubgeschichte. Budgetär spielen die Südburgenländer nicht in einer Liga mit Frankreichs Topteams, selbst in der Bundesliga (ABL) liegt man mit weniger als einer Millionen Euro etatmäßig nur im Mittelfeld. Zum Vergleich: Der türkische Vorrunden-Gruppensieger Trabzonspor hat sechs Trainer und eine neue Halle um 7,5 Millionen Euro. Le Mans, gegen die Güssinger im Heimspiel chancenlos, hat 17 Vereinsangestellte, bei den Knights sitzt ein Mann im Büro.

Zollner will nichts weniger als den "perfekten Basketball" spielen und glaubt damit, gegen jeden Gegner eine Chance zu haben. In der EuroChallenge geht es um viel Prestige, aber wenig Lohn. Die Reisekosten sind der weitaus größere finanzielle Brocken als die 25.000 Euro Teilnahmegebühren plus Spieleranmeldekosten. Nur eine kleine Aufstiegsprämie wäre in den Verein geflossen. "In Summe wohl ein Nullsummenspiel."

Güssing machte in der Vergangenheit aus der Not eine Tugend, setzt auf eine Generation von Söhnen ehemaliger burgenländischer Basketballer wie etwa Nationalteamspieler Thomas Klepeisz oder Sebastian Koch. "Wir kennen uns teilweise seit dem Kindergarten, feiern Geburtstage gemeinsam. Der Verein ist wie eine Familie", sagt Klepeisz. Dazu werden mit effizientem Scouting Spieler geholt, die "vielleicht im Jahr davor bei anderen Vereinen nicht brilliert haben, dafür weniger Geld verlangen und sich beweisen wollen."

Baustelle Heimhalle

Zollner, der bereits beim deutschen Nationalteam unter Trainerlegende Svetislav Pesic assistierte, sieht Fortschritte und Österreichs Basketball "an der Schwelle von der Semi- zur Professionalität. Bezüglich Infrastruktur zieht es in Österreichs Hallen noch wie in einem Vogelhaus. Güssing ist nur ein Beispiel.

Der Aktivpark fungiert als Heimstätte, ist aber als Hotel und Sportzentrum seit fast zwei Jahren geschlossen. Nun will der Öko-Pionier Reinhard Koch als Obmann des Vereins das Hotel pachten und es zu einem internationalen Ballsport-Trainingszentrum machen. Eigentümer ist die Wiener Immobilienfirma WSF. Sie hat das Hotel zugemacht, Begründung: zu klein und unrentabel. Ausbau- bzw. Umwidmungspläne sind bisher an bürokatischen Hürden und Zerwürfnissen mit der Stadtgemeinde gescheitert. Im Vorjahr eskalierte der Streit zwischen den Betreibern des Aktivparks und der Gemeine derart, dass Güssing in den Playoffs vor verschlossenen Türen stand und ein Heimspiel bei Auftaktgegner Oberwart austragen musste.

Zollner: "Ein Problem im Basketball ist die Kultur des Neides. Sogar die Skifahrer sind solidarischer untereinander. Wenn Felix Neureuther gewinnt, gratuliert ihm Marcel Hirscher und umgekehrt. Solange Vereine und Liga nicht an einem Strang ziehen, wird es schwer, Basketball populärer zu machen." (Florian Vetter, derStandard.at, 25.2.2015)