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Wien wächst und braucht nicht nur neuen, sondern auch leistbaren Wohnraum. Die Grünen wollen mit einer Sondervergabeschiene und Gemeindewohnungen im Wahlkampf auf sich aufmerksam machen.

Foto: APA/HELMUT FOHRINGER

Wien - 365 ist eine Zahl, die die Wiener Grünen, und vor allem Vizebürgermeisterin Maria Vassilakou, gerne in den Mund nehmen. Denn sie erinnert an einen ihrer größten Erfolge der vergangenen vier Jahre, dem 365-Euro-Jahresticket für die Wiener Linien.

Nachdem am Montag endlich das Geheimnis um den Wiener Wahltermin gelüftet wurde - die Entscheidung fiel auf den 11. Oktober - starten die Stadt-Grünen mit ihrer Lieblingszahl in den inhaltlichen Wahlkampf: 365 Euro im Monat soll nämlich künftig eine 40 Quadratmeter große geförderte Wohnung für junge Menschen kosten. Diese Sondervergabeschiene soll einer von drei Punkten sein, mit welchen man dem zunehmenden Bedarf an leistbarem Wohnraum in der wachsenden Stadt begegnen will. Schließlich wird Wien bis 2030 um zirka 250.000 Menschen auf über zwei Millionen Einwohner anwachsen. Und Wohnen - so Vassilakou im STANDARD-Gespräch - sei nicht nur ein "entscheidendes Zukunftsthema", sondern auch eine gemeinsame Angelegenheit mit den Sozialdemokraten, und könnte ein zentrales Vorhaben für das "explizite Wahlziel Rot-Grün 2" werden, so Vassilakous Wunsch.

1.000 Gemeindewohnungen jährlich

Die Grünen wollen auch noch ein weiteres Thema forcieren: Die Stadt soll wieder mit dem Errichten von Gemeindewohnungen beginnen - mindestens 1.000 sollen künftig pro Jahr als Neubauten auf städtischen Flächen oder als Nachverdichtung in bereits bestehenden Gemeindebauten realisiert werden. Sie könnten das günstigste Wohnangebot der Stadt werden, sagt Planungssprecher Christoph Chorherr. Er plädiert dafür, einen neuen Rechtsträger zu konstruieren: Mit Mitteln aus dem Kapitalmarkt, aber im Eigentum der Stadt - und den damit einhergehenden Zinsvorteilen -, wäre dieser aus dem Stabilitätspakt ausgenommen, der ab 2016 ein Nulldefizit vorsieht.

Solche "alternativen Finanzierungsideen" seien zu begrüßen, meint Andreas Oberhuber von der Forschungsgesellschaft für Wohnen, Bauen und Planen (FGW). Ob es sich aber auszahlt, "mit erheblichem Finanzierungsaufwand" einen Rechtsträger zu gründen, bezweifelt er. Mit den bestehenden Wohnbau-, Sanierungsförderungen und gemeinnützigen Bauträgern seien die nötigen Instrumente bereits vorhanden.

Die 365-Euro-Wohnung stößt bei den Experten ebenfalls auf Zweifel. Es ist eine "interessante Marketingidee", der Preis wäre aber allein deshalb nicht zu halten, weil die Mieten indexiert werden, sagt Wolfgang Amann vom Institut für Immobilien Bauen und Wohnen (IIBW). Der Unterschied zu dem bereits bestehenden Smart-Wohnbauprogramm der SP sei außerdem marginal, so der Wohnbauforscher. Zum Vergleich: Smart-Wohnungen sind um 7,50 Euro brutto und 60 Euro an Eigenmitteln pro Quadratmeter zu haben. Das Modell der Grünen sieht die Eigenmittel in derselben Höhe vor; in die 365 Euro Bruttomiete sollen aber auch Warmwasser, Heizung und Internet inkludiert werden.

Neuer Anlauf

Am privaten Markt will Vassilakou mit teils bekannten Forderungen für Leistbarkeit sorgen. Etwa befristete Mietverträge abschaffen, Zuschläge transparent machen und ihre Anzahl begrenzen. Diese Fragen liegen aber freilich nicht in ihrer Hand, sondern in der des Bundes. Und die Mietrechtsreform lässt weiter auf sich warten. Die von Justizminister Wolfgang Brandstetter (ÖVP) initiierte Expertenrunde scheiterte 2014. SPÖ und ÖVP unternehmen derzeit einen neuen Anlauf - bis Juni sollen Ergebnisse vorliegen.

Gespräche mit dem Koalitionspartner habe es laut Vassilakou übrigens noch nicht gegeben. Auf Anfrage des STANDARD zeigt man sich im Büro von Wohnbaustadtrat Michael Ludwig (SPÖ) zurückhaltend: Für Wahlkampfthemen sei es noch zu früh. (Christa Minkin, DER STANDARD, 25.2.2015)