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Prozess gegen einen ehemaligen Abgeordneten: Sebastian Edathy war für die SPD im Bundestag. Ihm wird der Besitz von Kinderpornografie zur Last gelegt.

Foto: EPA/JULIAN STRATENSCHULTE

Die Aufforderung klang verheißungsvoll. "Wenn Sie der Wahrheit eine Gasse bahnen würden, wäre ich Ihnen sehr dankbar", erklärte der ehemalige SPD-Bundestagsabgeordnete Sebastian Edathy am Montagmorgen, als er am Landgericht Verden (Niedersachsen) eintraf und erst einmal durch den Pulk der Journalisten und Kameraleute in das Gebäude musste.

Doch die Wahrheit kam wenig später, bei Verhandlung, nicht auf den Tisch. Edathy nahm zu den Vorwürfen, er habe sich – auch über einen vom Bundestag gestellten Dienstlaptop – Kinderpornos beschafft, nicht Stellung. Nach eineinhalb Stunden war der erste Tag des Strafprozesses gegen den ehemaligen SPD-Bundestagsabgeordneten schon wieder vorbei.

Man vertagte sich, um Edathy und seinem Anwalt Christian Noll Zeit zu geben, über ein mögliches Geständnis zu beraten. Ein solches verlangt die Staatsanwaltschaft, bevor sie einer Einstellung des Verfahrens gegen Zahlung einer Geldauflage zustimmt.

Staatsanwalt auch im Fall Wulff in Verdacht

Bisher lehnte der 45-jährige Edathy ein Geständnis ab. Sein Anwalt forderte am ersten Prozesstag die Einstellung des Verfahrens ohne Auflagen. Er begründet dies mit den strafrechtlichen Ermittlungen gegen den Leiter der Generalstaatsanwaltschaft Celle, Frank Lüttig.

Dieser war Chefermittler im Fall Edathy und auch im Fall des früheren deutschen Bundespräsidenten Christian Wulff. In beiden Fällen waren immer wieder Informationen während der Ermittlungen an die Öffentlichkeit durch gesickert. Nun wird Lüttig vor geworfen "in strafbarer Weise Geheiminformationen an Dritte weitergegeben zu haben" – und zwar siebenmal in der Causa Wulff und einmal in der Causa Edathy. "Was ist das eigentlich für ein Verfahren, in dem der Angeklagte nicht weiß, ob der Mann, der das Verfahren gegen ihn eingeleitet hat, eine Straftat gegen ihn begangen hat?", erklärte Noll am Montag.

Angst vor der "Bombe"

Die SPD-Spitze hätte keinesfalls etwas dagegen, wenn der Fall Edathy endgültig zu den Akten gelegt werden könnte. Es herrscht nach wie vor die Sorge, dass während des Prozesses eine Bombe platzen könnte.

Denn es ist noch nicht restlos geklärt, wer vorab von den Anschuldigungen gegen Edathy gewusst und den Abgeordneten möglicherweise gewarnt hat. Die Ermittler gehen davon aus, dass Edathy einen Tipp bekam, denn als sie sein Haus und seine Büros filzten, fanden sie nicht mehr viel Material vor.

Laut dem NDR-Magazin Hallo Niedersachsen haben gleich 57 Politiker, Ermittler und Amtsträger von dem Verdacht gegen Edathy gewusst, noch bevor bei diesem die Durchsuchungen losgingen. Edathy selbst nannte bisher eine Quelle: den SPD-Bundestagsabgeordneten Michael Hartmann. Dieser soll ihn fortlaufend über die Ermittlungen informiert haben.

Hartmann bestritt dies zunächst, jetzt sagt er gar nichts mehr – auch nicht vor dem Untersuchungsausschuss im Bundestag. Edathy schwieg zwar vor Gericht, ergeht sich aber auf seiner Facebook-Seite in Andeutungen und schreibt: "Wenn Hartmann sagt was er weiß, haben 3 Leute ein Problem: Ein amtierender SPD-Fraktionsvorsitzender (Thomas Oppermann), ein amtierender Bundesaußenminister (Frank-Walter Steinmeier) und ein ehemaliger BKA-Präsident (Jörg Ziercke). Nicht schön, aber ist so." (Birgit Baumann aus Berlin, DER STANDARD, 24.2.2015)