Die Arzneimittel- und Pharmazielandschaft ist in Europa immer wieder mit dem Thema "Liberalisierung und/oder Qualität" konfrontiert. Zum Auftakt der 48. Wissenschaftlichen Fortbildungswoche der Österreichischen Apothekerkammer Sonntagnachmittag in Schladming betonte Kammerpräsident Max Wellan die Notwendigkeit, Augenmaß bei Gesundheitsreformen walten zu lassen.

Arzneimittelversand hinterfragen

Ein Beispiel dafür hätte die EU mit ihrer Troika in Griechenland geliefert. "Die Troika ist nach Griechenland gegangen und versucht, dort das Apothekenwesen aufzubrechen. Wir halten das für einen falschen Weg. Es kann nicht sein, dass man dort Apothekenketten hinbringt - und die Gewinne dann ins Ausland gehen, während die lokalen Apotheken ihre Steuern lokal zahlen", sagt Wellan.

In Österreich soll noch in diesem Jahr der Arzneimittelversandhandel möglich werden. Auch hier gelte es, wachsam zu sein. "Bei Maria Theresia hat das Hausierhandel geheißen und ist mit gutem Grund verboten worden. Handel mit Arzneimitteln, mit Giften und mit Sprengmitteln gehört nicht ins Internet", so Wellan.

Erst vor kurzem ist in Europa ein Skandal rund um Generika (Nachahmepräparate) aufgebrochen. Die für die Zulassung durch die Arzneimittelbehörden an sich schon gelockerten Studienerfordernisse waren von indischen Auftragsunternehmen offenbar so dubios erfüllt worden, dass Präparate vom Markt genommen werden mussten. Auch das hat finanzielle, ökonomische Gründe. Wellan: "Jetzt werden Studien in Indien gemacht, die Produktion kommt aus Bangladesch - die Fälschungen kommen aus China."

Neue Anforderungen

Dem gegenüber stünden die Anforderungen an das Gesundheitswesen, auch in Zeiten einer Gesundheitsreform in Österreich. So gehe man davon aus, dass mit einer Steigerung der Ausgaben für Arzneimittel um höchstens 3,6 Prozent pro Jahr zu rechnen sei. Auf diesen "Pfad" hätte man sich im Rahmen der Reform geeinigt. Die Gesundheitspolitik sollte - in den vergangenen Jahren lagen die Steigerungsraten in Österreich unter diesem Wert, 2014 mit 4,7 Prozent darüber - langfristig nicht mit weniger an Ausgabensteigerungen rechnen.

"Wir stehen vor einem Zuwachs an Demenzerkrankungen, vor mehr COPD-Kranken. Wir stehen vor einer Welle von Diabetes-Erkrankungen", sagt der Kammerpräsident. Demografie und das damit verbundene veränderte Spektrum in Richtung von Mehrfach- und chronische Erkrankungen dürfte sich in Zukunft auf jeden Fall auswirken.

Im Lichte des heraufdämmernden Ärztemangels in Österreich und bei den aktuellen Spitals-Sparplänen erwarten die österreichischen Apotheker mehr Aufgaben für die Zukunft. So wollen sie sich vermehrt im Medikationsmanagement engagieren. Darunter versteht man eine genaue Erhebung der gesamten Medikation des Patienten samt möglicher Optimierung. Das soll als Extra-Service in den österreichischen Apotheken angeboten werden.

Die Tagung in Schladming steht in diesem Jahr unter dem Generalthema der Nierenerkrankungen. Mit rund 700 Teilnehmern ist die Fortbildungswoche der Österreichischen Apothekerkammer auch eine wichtige standespolitische Plattform. (APA, derStandard.at, 23.2.2015)