Ziel jeder Kur ist die Erholung. Aber Vorsicht: Im Zwischenmenschlichen klafft ein Abgrund zwischen Theorie und Praxis. Allererste Faustregel: keine Politikdebatten. Never. Ever. Ungeeignetste Momente dafür: am Mittagstisch über den gnadenlos halbierten Portionen. In begleiteten Gruppenwanderungen in leichtem Gelände, es sei denn, man möchte aus Wut so beschleunigen, dass man vor allen anderen zurückkommt und gleich auf die interne Krankenstation muss.

In der Sauna zwischen allerlei Körperlichkeiten. Das garantiert sogar einen richtigen Krankenhausaufenthalt in näherer Umgebung. Wer also nicht gerne privat Spitalsmenüs testet, sollte das besser auslassen. Lesetechnisch wird das Politikthema genau vorgegeben werden. Von riesigen Stapeln der Krone, die gegen Nachmittag weg sind, während ein paar Qualitätsblätter wie welker Salat auch noch spätabends traurig vom Ständer hängen.

Apropos welk: Wer einmal Mitternachtskind war, wird sich um 7 Uhr schlafwandlerisch im Frühstücksraum in Gesellschaft einer braunwässrigen Mogelpackung statt Kaffee wiederfinden. Und man wird tief in seinem Innersten dennoch dankbar sein, spätestens wenn der Tischnachbar zum Frühstückssemmerl seine Verschwörungstheorien auspackt. Wussten Sie, dass Obama Europa letzten Sommer auf Rothschilds Geheiß bomben wollte? Wegen der Zinsen? Nein? Auf Kur werden Sie es erfahren. (Julya Rabinowich, DER STANDARD, 23.2.2015)