"Wir kommen uns näher, Tag für Tag, Stunde für Stunde", hatte sich der griechische Finanzminister Yiannis Varoufakis noch in der Nacht auf Donnerstag im griechischen Fernsehen optimistisch gezeigt. Im Streit um eine Verlängerung des zweiten Rettungsprogramms für sein Land, welches die Auszahlung von noch ausstehenden Krediten im Umfang von 7,2 Milliarden im Gegenzug zu Reform- und Sparauflagen von Eurozone und Internationalem Währungsfonds (IWF) vorsieht, kündigte er den seit Montag erwarteten "Brief aus Athen" mit dem entsprechenden Antrag an.

Ein solcher war von den Finanzministern der Eurogruppe verlangt worden. Andernfalls, so die Drohung des Deutschen Wolfgang Schäuble, laufe das Hilfsprogramm Ende des Monats automatisch aus, und es sei "over". Dem Land würde dadurch noch im Frühjahr die Zahlungsunfähigkeit drohen, weil es die Rückzahlung von Krediten des IWF kaum leisten könnte. Am späten Vormittag gab Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem, mit dem Varoufakis Anfang der Woche noch hart aufeinandergeprallt war, Entwarnung. Der Antrag der griechischen Regierung sei eingetroffen, verkündete er via Twitter und kündigte kurz darauf die Einberufung einer Sondersitzung der Eurogruppe für heute, Freitag, an.

Nicht nur aus Kreisen des Eurogruppenchefs, sondern auch seitens der EU-Kommission kamen positive Signale: Dies könnte "ein erster Schritt" zur Lösung sein, sagte der Sprecher von Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker, der sich als Vermittler bemüht, er sei "optimistisch".

Noch bevor die Experten der Eurogruppe sich am Nachmittag über den Antragstext aus Athen beugten (siehe eigener Bericht), um die formellen und juristischen Finessen zu prüfen, kam jedoch bereits eine kalte Dusche aus Berlin: Der Brief sei "nicht ausreichend", verkündete der Sprecher von Finanzminister Wolfgang Schäuble. Die griechische Regierung müsse "klare Garantien" abgeben, dass sie zu den vereinbarten Reform- und Sparmaßnahmen auch wirklich stehe. Genau das scheint - trotz oder wegen des Briefes - eigentlicher Knackpunkt für jede Lösung zu sein. Denn zu Mittag ließ die Regierung in Athen dazu verbreiten, dass sie die Spar- und Reformforderungen nicht einhalten wolle, unbesehen des Antrages auf Verlängerung der Kredithilfen, den sie nicht nachbessern wolle.

Dabei hatte es in dem Schreiben von Varoufakis zunächst so ausgesehen, als würde die Regierung von Syriza-Premierminister Antonis Samaras in der Substanz auf alle Forderungen eingehen, die die Eurominister stellten. Eine Klärung kann es wohl nur beim Ministertreffen geben.

Märkte und EZB nervös

Im Vorfeld einer Entscheidung war die Nervosität auf den Märkten und bei den Banken groß. Aus Griechenland wurde gemeldet, dass Sparer weiterhin in großem Umfang Geld von den Banken abheben. Nach der Anhebung der Obergrenzen für Notkredite (ELA) zur Sicherstellung der Liquidität griechischer Banken am Mittwoch hat die Europäische Zentralbank (EZB) dementiert, wonach im Rat über die Einführung von Kapitalverkehrskontrollen nachgedacht worden sei, wie die FAZ berichtet hatte. Kommentar Seite 32

Für eine Beilegung der Differenzen in der Eurozone ist nun Weisheit gefragt, damit die Eule weiter in griechischen Euromünzen bleibt.

Foto: dpa / Frank Rumpenhorst

(Thomas Mayer aus Brüssel, DER STANDARD, 20.2.2015)