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Viel Rauch, großer Hunger - wobei die Konsummenge wohl auch geringer ausfallen kann als auf diesem Archivbild, um den einschlägigen Heißhungereffekt zu erzeugen.

Foto: Reuters/Ben Nelms

New Haven - Dass Cannabiskonsum neben einer Vielzahl von anderen Effekten auch regelrecht unkontrollierbare Heißhungerattacken auslösen kann, dürfte sich schon herumgesprochen haben: Nach Angaben der Vereinten Nationen konsumieren schließlich weltweit rund 177 Millionen Menschen regelmäßig Cannabis in der einen oder anderen Darreichungsform.

Wie viele Freizeitkonsumenten die appetitanregende Wirkung als positiv empfinden, sei dahingestellt. Die medizinische Nutzung dieses Effektes liegt allerdings auf der Hand. So werden Cannabinoide, insbesondere Tetrahydrocannabinol (THC), etwa zur Behandlung von Appetitlosigkeit und Abmagerung bei Aids- und Krebspatienten eingesetzt.

Entscheidender Rezeptor

Wie genau sich diese stimulierende Wirkung im Gehirn entfaltet, ist nach wie vor nicht vollständig geklärt. Klar ist, dass die Aktivierung des körpereigenen Cannabinoidrezeptors 1 (CNR1), der die Wirkung von Cannabinoiden im zentralen Nervensystem vermittelt, eine wichtige Rolle dabei spielt.

Im Vorjahr berichteten Forscher im Fachblatt "Nature" von einem möglichen Einfluss auf das Geruchszentrum im Gehirn: Sie zeigten an Mäusen, dass Cannabinoide das Geruchssystem so beeinflussen können, dass der Duft von Nahrung verstärkt appetitanregend wirkt.

Nun machte ein Team um Tamas Horvath von der Yale University eine überraschende Entdeckung: Offenbar aktivieren Cannabinoide ein Nervennetzwerk in einer Region des Hypothalamus, das nach bisherigem Wissensstand eigentlich genau für das Gegenteil zuständig ist - nämlich für die Unterdrückung von Hunger.

Beschleunigende Bremse

Diese Gruppe von sogenannten POMC-Neuronen spielt eine Schlüsselrolle bei der Appetitzügelung im Sättigungszentrum des ventromedialen Hypothalamus. In Versuchen mit Mäusen zeigte sich, dass die Nervenzellen unter Einfluss von Cannabinoiden ihre Aktivität aber nicht wie angenommen reduzieren, sondern sogar erhöhen, wie die Forscher in "Nature" schreiben.

"Es ist, als ob man auf die Bremse steigt und dadurch beschleunigt", kommentierte Horvath die Entdeckung. Dabei handle es sich aber nur um einen von zahlreichen Signalprozessen, an denen CNR1 beteiligt ist - von denen viele noch nicht geklärt seien. (David Rennert, DER STANDARD, 19.2.2015)