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In der Adoleszenz ist das Genmaterial in Spermien anfälliger für Mutationen. Wenn Teenager Väter werden, können sie Mutationen weitergeben.

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Junge Spermien sind nicht unbedingt gute Spermien. Teenager-Väter geben häufiger durch Mutationen belastetes Erbgut an ihre Kinder weiter als 20- bis 30-Jährige. Dies könnte bedeuten, dass Kinder junger Väter ein ähnlich hohes Risiko für genetisch bedingte Krankheiten haben wie jene von 35-Jährigen, berichten deutsche und Salzburger Forscher im Fachjournal Proceedings B der Royal Society.

Bisher ging man davon aus, dass jüngere Väter seltener Erbkrankheiten übertragen als ältere. Der Grund dafür ist, dass sich die Fortpflanzungsstammzellen eines Mannes Zeit seines Lebens reproduzieren. Bei diesen Teilungen kann es bei jeder Kopie zu neuen Gen-Veränderungen kommen. So steigt die Mutationslast in den Fortpflanzungszellen der Männer mit ihrem Alter.

Der deutsch-britische Forscher Peter Forster hat unter anderem mit Bettina Dunkelmann und Franz Neuhuber vom Fachbereich Gerichtsmedizin der Universität Salzburg 24.000 aus Vaterschaftstests stammende DNA-Proben von Eltern und deren Kindern aus Europa dem Nahen Osten und Afrika untersucht. Sie stellten dabei fest, dass Spermien von Teenagern eine Ausnahme zur bisherigen Annahme darstellen.

Mutationen zwischen 12 und 19 Jahren

Kinder von Vätern im Alter von zwölf bis 19 Jahren wiesen demnach in ihrem Erbgut etwa 30 Prozent mehr sogenannte de-novo-Mutationen auf als Kinder von 20- bis 30-jährigen Vätern. Das sind Veränderungen der DNA, die in den Keimzellen - den Eizellen oder Spermien - entstehen und die sich somit erst bei der Fortpflanzung manifestieren.

"Wir halten es für möglich, dass der Apparat, der Spermazellen produziert, zu Beginn der Pubertät noch nicht ganz justiert ist und zunächst mit hoher Fehlerquote arbeitet", sagte Forster. Die Folge könnte ein höheres Risiko für genetisch bedingte Krankheiten wie Schizophrenie oder offenen Rücken (Spina bifida) bedeuten.

Die Interpretation der Studie ist aber nicht unumstritten. Nach Ansicht des Humangenetikers Jörg Epplen von der Ruhr-Universität Bochum sind die Befunde noch kein Beweis für den Zusammenhang zwischen den Mutationen und einem Krankheitsrisiko. Die Studienautoren hätten "stumme" Genomteile unter die Lupe genommen, die nach bisherigem Stand der Wissenschaft keine Bedeutung für Eigenschaften oder weitergegebene Krankheiten der Nachkommen hätten.

Kein unmittelbarer Konnex zu Krankheit

Neuhuber bestätigt, dass in der Studie nur DNA-Positionen im sogenannten nichtkodierenden Bereich untersucht wurden. "Aber der Mechanismus ist ja im Prinzip der selbe - gleich ob im kodierenden oder nichtkodierenden Bereich", so der Wissenschafter. Man könne davon ausgehen, dass es auch im kodierenden Bereich des Genoms zu ähnlich vielen Mutationen kommt.

Die Forscher konnten mithilfe der Mutationsraten auch auf die Zahl der Zellteilungen rückschließen, "also eine molekulare Uhr erzeugen", so Neuhuber. Dabei zeigte sich das überraschende Ergebnis, dass zu Beginn der Fortpflanzungsfähigkeit die Mutationslast in den Keimzellen von Burschen sechs Mal so hoch ist wie in denen der Mädchen.

Dies könnte darauf hindeuten, dass eine männliche Keimzelle vor der Fruchtbarkeit wesentlich mehr Teilungsprozesse hinter sich hat als man bisher annahm. Laut Lehrbuchmeinung seien es bei Mädchen und Burschen zwischen 22 und 23 Teilungen vor der Pubertät. "Unsere Ergebnisse könnten aber bedeuten, dass sich männliche Samenzellen bei Eintritt in die Pubertät bereits über 100 Mal geteilt haben", so Forster.

Bei Frauen bleibt die Mutationslast den Wissenschaftern zufolge ein Leben lang etwa auf gleichem Niveau, weil weibliche Embryonen mit einem lebenslangen Vorrat an Eizellen geboren werden. Diese benötigen dann keine weiteren Zellteilungen. (APA, derStandard.at, 18.2.2015)