Spanien macht vor, was Griechenland erreichen könnte, wenn Steuern konsequent eingetrieben würden. Denn Spaniens Regierung hat dank des forcierten Kampfes gegen Steuer- und Zollbetrug binnen dreier Jahre mehr als 35 Milliarden Euro in die Staatskassen gespült, zeigt sich Finanzminister Cristóbal Montoro (Partido Popular, PP) erfreut. 2014 waren es 12,3 Mrd. Euro - ein Plus von 12,5 Prozent zu 2013.

Von diesem "historischen Rekord" ist nun oft die Rede. Gilt es doch im heurigen Superwahljahr Regierungschef Mariano Rajoy (PP) als großen Retter zu inszenieren, als denjenigen, der das Krisenland vor dem Abgrund bewahrte. Zum Jahresende geht es um seine Wiederwahl, während die extreme Linke, Podemos, in Umfragen seinen Konservativen gefährlich nahe im Nacken sitzt. Von Politikermündern vielfach zitiert wird daher auch oft der Werbespruch der Steuerbehörde: "Die Finanz sind wir alle". Unbestrittenermaßen wird mehr kontrolliert. Barzahlungen über 2500 Euro sind längst verboten. Auslandsvermögen, seien es Konten oder Immobilien, müssen deklariert werden. Auch die Mitarbeiterzahl der Steuerfahndung wurde drastisch aufgestockt und Strafen für Vergehen zugleich empfindlich erhöht.

Da in Spanien etwa 40 Mrd. Euro jährlich am Fiskus, teils über Auslandskonten, vorbeigeschummelt werden, sind 35 Mrd. Euro binnen dreier Jahre ein Achtungserfolg - aber erst ein Anfang. Die Schattenwirtschaft soll fast 19 Prozent des BIPs ausmachen - in etwa 200 Mrd. Euro jährlich. Damit rangiert Spanien in vergleichbaren Sphären wie Athen (25 Prozent des BIPs). Wenngleich die Griechen mit geringerer Bevölkerung von elf Millionen (Spanien: 46 Millionen) laut Zahlen des Industriellenverbands jährlich beachtliche 30 Milliarden Euro Steuern hinterziehen sollen.

Die angedrohte schwarze Liste von Steuerschuldnern hat Montoro, im Gegensatz zu seinen griechischen Amtskollegen, nicht umgesetzt: "Heuer soll sie kommen", versicherte er kürzlich aber zum x-ten Mal. Sowohl rechte PP als auch linke Syriza sehen im Kampf gegen Steuerbetrug ein prall gefülltes Sparschwein, das zur Tilgung der Staatsschulden und für Sozialleistungen geschlachtet werden soll.

Schwarzgeldkonten

Zugleich sind Spaniens Ermittler und Gerichte mit der Verfahrensfülle überlastet. Justitia braucht Zeit, was manchen nicht ungelegen kommt. Wie etwa dem PP selbst, der in den seit Jahren brodelnden Skandal um Schwarzgeldkonten und -zusatzhonoraren im "Gürtel-Fall" verwickelt ist.

Unvergessen bleibt auch eines der ersten Reformgesetze Rajoys: Die Steueramnestie, die für zehn Prozent der unterschlagenen Summe aus Schwarzgeld reinweiß Gewaschenes machte. Davon machte auch eine Handvoll der auf der Hervé-Falciani-Liste (Stichwort: Swiss Leaks) Erwähnten Gebrauch. Spanische Vertreter auf dieser Liste hielten 1,8 Milliarden Euro auf Schweizer HSBC-Konten versteckt. Wie etwa der verstorbene Ex-Banco-Santander-Chef Emilio Botín, (Ex-)PP-Funktionäre, Ex-Bankdirektoren, die Gründerfamilie der Tageszeitung ABC oder der rechte Anti-Korruptions-Verband Manos Limpias ("Saubere Hände"). Letztgenannter versucht gerade als Nebenkläger, die spanische Prinzessin Cristina wegen der Veruntreuung von Steuergeldern im Fall der Stiftung Nóos auf die Anklagebank zu setzen.

Simona Levi, Sprecherin von Xnet Catalunya, einer mit Falciani kooperierenden NGO, die gegen Politkorruption auftritt, kritisierte im Interview mit der Onlinezeitung Público: "Institutionen können Korruption nicht bekämpfen. Sie sind Teil der Korruption." Sie empörte sich, dass Whistleblower in Spanien kriminalisiert würden: "Anonymität ist vor der Justiz wertlos. Beweise sind ohne Offenlegung der Quelle unnütz." (Jan Marot aus Granada, DER STANDARD, 18.2.2015)