Finanzminister sind keine Freunde. "Finanzminister sind Technokraten und sehen die Dinge in anderer Weise", sagt Gavriel Sakellaridis, der Sprecher der griechischen Links-rechts-Regierung am Tag nach der Eurogruppensitzung, die mit einem Eklat endete, mit harschen Worten des deutschen Finanzministers und mit einem neuerlichen Ultimatum an die Griechen.

"96 Stunden Frist", titelte die Tageszeitung Eleftheros Typos am Dienstag und gab damit die Stimmung in Athen wieder: Den Griechen wird die Pistole an die Brust gesetzt. Bis Freitag sollen sie die Verlängerung der Sparauflagen für die letzte Kreditrate akzeptieren. "Wir werden uns keinem Ultimatum oder einer Erpressung beugen", schwor Sakellaridis. Nach einem Bluff klang es nicht.

Ein griechischer Regierungsvertreter wies Berichte als Unsinn zurück, Finanzminister Yiannis Varoufakis sei ohne schriftlich formulierte Vorschläge in die Sitzung der Eurogruppe in Brüssel am Montag gegangen. Die Vorschläge für ein Übergangsabkommen zwischen Athen und den Kreditgebern für die nächsten "vier bis sechs Monate" seien "sehr konkret und dokumentiert", versicherte der Regierungsvertreter dem Standard. "Natürlich hatte der Minister Vorschläge bei sich. Er ging nicht in die Eurogruppe, um dort zu singen."

70-Prozent-Varoufakis

Varoufakis blieb demnach bei seiner Linie: Von den 16 großen kann der griechische Finanzminister "70 Prozent" akzeptieren; bei den 30 Prozent, die für Athen unannehmbar sind, seien weitere Kürzungen bei Pensionen, wie vom Internationalen Währungsfonds gefordert, oder die "Totalprivatisierungen". Der Budgetüberschuss, den Griechenland zu erwirtschaften habe, müsse ebenfalls sinken - von den für dieses Jahr von den Kreditgebern festgesetzten drei Prozent auf ein bis 1,5 Prozent. Varoufakis verspreche dafür unter anderem einen entschlosseneren Kampf gegen griechische Steuerflüchtlinge.

Fokus auf Bankenliquidität

Mit diesen Forderungen und Vorschlägen geht die griechische Regierung seit ihrem Antritt vor drei Wochen hausieren. "Wir bitten nicht um Kredite", erklärte der Regierungsvertreter, "wir bitten lediglich um Liquidität für unsere Banken, und wir sind auch berechtigt, diese von der EZB zu bekommen."

Griechenlands Premier Alexis Tsipras trat Dienstagnachmittag vor die Parlamentsfraktion seiner Linkspartei Syriza und schlug gewohnt trotzige Töne gegenüber der EU an. Die griechische Demokratie verhandle als ebenbürtiger Partner in Europa. "Weder lässt sie sich erpressen, noch erpresst sie andere." Die Regierung habe in den drei Wochen Amtszeit keine wirtschaftlichen Probleme gelöst, doch die Griechen fühlten sich nicht länger gedemütigt, sagte Tsipras. Der Premier kündigte erste Gesetzesvorlagen für Donnerstag an, der eigentliche Anlass seiner Rede war jedoch die Nominierung des Präsidentenkandidaten: Tsipras schlug den 64-jährigen Prokopis Pavlopoulos vor, einen früheren Innenminister der konservativen Nea Dimokratia. Die erste Wahlrunde ist für heute, Mittwochabend, im Parlament, angesetzt.

Ein Kommentator einer deutschen Zeitung, die sich einig mit Finanzminister Wolfgang Schäuble weiß, hatte dieser Tage eine ganz andere Beschreibung für den Konflikt zwischen der EU und ihrem Problemmitglied Griechenland gefunden: Regierungschef Tsipras sei es, der sich eine Pistole an die Schläfe halte und drohe abzudrücken, wenn ihm die Europäer nicht neues Geld geben. Tsipras, so soll das heißen, glaubt mit einem selbst herbeigeführten Staatsbankrott der Griechen und einer Zerstörung der Eurozone drohen zu können. (Markus Bernath, DER STANDARD, 18.2.2015)