Küchengehilfe, Fensterputzer, Raumfahrer - Roboter werden mittlerweile vielfältig eingesetzt. Was in vielen Fällen praktisch ist, birgt auch Gefahren. Im Bild: ein Roboter der Technischen Universität Wien.

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Dresden/Dürnstein - Wie ist das Verhältnis von Wirklichkeit und Utopie in der globalen Welt? Wie verändert die zunehmende Technisierung unsere Gesellschaft? Und macht sie uns glücklicher oder nicht? Fragen wie diese werden von 19. bis 21. Februar beim Symposion Dürnstein diskutiert. Es geht dabei um politische, religiöse und philosophische "Glücksbilder" und die Wirklichkeit der Utopien.

Neben dem deutschen Soziologen Oskar Negt und der britischen Extremismusforscherin Katherine Brown, trägt dort am Freitagnachmittag auch Bernhard Irrgang vor, der an der TU Dresden die Professur für Technikphilosophie innehat. Unter dem Titel "Roboter überall - der neue Glaube an die Maschinen" wird er die Auswirkungen der zunehmenden Technisierung thematisieren.

Besondere Aufmerksamkeit wird Irrgang dabei auf die "gerade im Gang befindliche Umwandlung unserer Technologie von einer menschengesteuerten Technologie zu einer sich selbst steuernden Technologie" legen. Denn während die ersten Computer ausschließlich Befehle des Menschen aufnahmen und ausführten, gibt es immer mehr Systeme, in denen sich die technischen Objekte untereinander gewissermaßen selbst Befehle erteilen.

Internet der Dinge

Als Beispiel dafür nennt Irrgang Verkehrs- und Flugleitsysteme, aber auch das sogenannte "Internet der Dinge", in dem Objekte über das Internet miteinander vernetzt sind. In Smart Homes wird durch untereinander vernetzte Gegenstände eine technisierte Wohnumgebung geschaffen, die von außen gesteuert werden kann - oder sich selbst steuert: Bewegungssensoren kommunizieren mit dem Beleuchtungssystem, der Wecker mit der Kaffeemaschine.

"Wir können Roboter bereits für alles Mögliche einsetzen", sagt Irrgang: als Erntehelfer, Fensterputzer, Bergungshelfer, Raumfahrer, Altenbetreuer. "Wenn wir aber glauben, dass man mit dem Roboter den Menschen ersetzen kann, dass er Gefühle erzeugen kann wie der Mensch, müssen wir uns bewusst sein, dass er die Gefühle nur vortäuscht und sie mit Programmen antrainiert wurden", meint Irrgang. Allerdings konnten Maschinen schon immer Emotionen bei Menschen hervorrufen, wie das der Umgang mit Autos gerade bei Männern zeige. Doch sollten wir uns nicht täuschen lassen. Anders gesagt: "Biologische Evolution ist etwas anders als technisches Design." Denn während sich die Evolution selbst konstruiert, ist die Technik letztlich immer vom Menschen designt.

Kontrollverlust

Irrgang sieht eine weitere Gefahr in der Technisierung, vor allem, wenn sie nicht länger vom Menschen, sondern von der Technik selbst gesteuert wird: Viele unserer technischen Fähigkeiten werden immer weniger gebraucht, weil Maschinen den Job erledigen, und "dadurch verkümmern unsere Fähigkeiten". Die Autoren Markus Metz und Georg Seeßlen prägten vor wenigen Jahren für das Phänomen, dass technische Systeme den Menschen mitunter verdummen lassen, den Begriff "Blödmaschinen".

Für Irrgang liegt die größte Gefahr der Technisierung darin, dass sich "die Menschen zu sehr auf die Maschinen verlassen". Als Beispiel, an dem sich diese Gefahr jetzt schon abzeichnet, nennt er Kontrollverlust in Flugleitsystemen: "Es kommt immer öfter zu Unfällen oder Beinaheunfällen in der Luftfahrt, weil sich die Piloten zu sehr auf die automatischen Piloten verlassen." Wenn sich die derzeitige Entwicklung fortsetzt, zeichnet Irrgang ein pessimistisches Szenario: "In zwanzig Jahren werden dann lauter Nichtkönner Auto fahren, weil man keinen Führerschein mehr braucht, wenn die Autos selbst fahren. Die Insassen sind dem System dann aber hilflos ausgeliefert."

Allerdings sieht der Philosoph auch die Möglichkeit, dass wir im Umgang mit Maschinen, die immer intelligenter werden, auch selbst dazulernen. "Wenn man damit umzugehen lernt, wirkt technischer Fortschritt als Intelligenzverstärker." Ähnlich verhält es sich mit der Beziehung zwischen Technik und Glück - dem Leitthema beim Symposion Dürnstein. "Die Technik ist als solche ambivalent - sie kann glücksverstärkend wirken, das kann aber auch ganz anders sein, wenn wir etwa an Kriegstechnologie denken", sagt Irrgang. "Wir sollten die Zukunft nicht fürchten, aber technikgläubig zu sein - dafür gibt es auch keinen Grund." (Tanja Traxler, DER STANDARD, 18.2.2015)