Dass die Separatisten und Russland den sogenannten Friedensplan des Minsker Vierergipfels als De-facto-Anerkennung der "Volksrepubliken" Donezk und Luhansk betrachten, war von vornherein klar. Damit stand auch der strategische Verkehrsknotenpunkt Debalzewe als kritischster Punkt der vereinbarten Waffenruhe fest.

Wer Debalzewe kontrolliert, kontrolliert die wichtigste Verbindung zwischen Donezk und Luhansk. Zudem verläuft die Bahnlinie von Russland nach Kiew über die Kleinstadt. Waldimir Putin sagte noch in Minsk, er erwarte, dass sich die ukrainischen Soldaten in Debalzewe ergäben. Die Separatisten versuchten nicht einmal zu verschleiern, dass sie unter Missachtung der Waffenruhe darangingen, Debalzewe komplett zu erobern.

Damit stand Minsk II schon zweieinhalb Tage nach Inkrafttreten auf der Kippe. Die Separatisten und Moskau handeln aus ihrer Sicht schlüssig. Warum sollen sie sich mit weniger zufriedengeben, wenn sie mehr haben können? Dieses Mehr läuft darauf hinaus, dass Kiew irgendwann einem Waffenstillstand zustimmen muss, der einer Unterwerfung unter das Diktat Moskaus gleichkommt.

Die frei und demokratisch gewählte Führung in Kiew hat die Pflicht, die Integrität des Landes zu verteidigen und ihre Bürger zu schützen. Die Argumente für die Lieferung effektiver Defensivwaffen an Kiew gewinnen mit der jüngsten Entwicklung massiv an Gewicht. (Josef Kirchengast, DER STANDARD, 18.2.2015)