Die von Thomas Krejcis Verein Run2Gether veranstalteten Höhenlaufcamps wurden hier schon beschreiben. Freilich nur die auf der Turrach. Meine Trainerin Sandrina Illes reiste aber ein bisserl weiter: zu "Afrikanischen Laufwochen" auf 2.400 Metern Seehöhe in Kenia

Klar bin ich neidig. Schließlich habe ich von Thomas Krejcis Laufcamps in Kenia schon eine Menge gehört. Nicht zuletzt vergangenen Sommer, als Krejci mich einlud, ein paar Tage mit "seinen" afrikanischen Läufern auf der Turracher Höhe zu verbringen: Der gelernte Kartograph schlägt dort seit etlichen Jahren mit den Läuferinnen und Läufern seines Vereins Run2Gether das gemeinsame Hauptquartier auf, schickt seine Athleten sternförmig in die (mitteleuropäische) Welt zu 1.001 Laufevents - und lädt europäische Läuferinnen und Läufer ein, eine Woche lang am Berg mit den Afrikanern zu trainieren. Und zu leben. Meine Geschichte darüber finden Sie hier.

Doch das ist nicht alles. Denn Krejci genügt es nicht, mit einem Teil der Preisgelder der von ihm betreuten Athleten und den Trainingslagergebühren der Europäer in Kenia Entwicklungs-, Bildungs- und Selbsthilfeprojekte zu unterstützen: Der Verein bittet auch nach Afrika. Zum Lauf-Trainingsurlaub.

Afrikanische Laufwochen

Dass Stammgäste der Run2Gether-Turrach-Berglaufcamps von ihren Erfahrungen bei den afrikanischen Laufwochen in Kenia schwärmen, ist systemimanent: Enttäuschte Gäste buchen nicht wieder beim gleichen Veranstalter. Umso gespannter harrte ich der Erzählungen meiner Trainerin. Denn Sandrina Illes flunkert in puncto Training so rasch keiner was vor - und dass die Duathletin, Berg- und Treppenläuferin keine Scheu hat, dort, wo der Schuh drückt, auch zu sagen, dass etwas nicht passt, weiß ich mittlerweile aus eigener (teils leidvoller) Erfahrung. Aber eben auch, dass sie Gutes als gut bezeichnet - und zwar auch dann, wenn es von Anderen kommt. In einer Neidgesellschaft ist das nicht wirklich selbstverständlich.

Illes also "gönnte" sich gemeinsam mit ihrem Mann "afrikanische Laufwochen". Und anstatt danach ein Frage-Antwort-Spiel zu starten, bat ich sie, ihre Eindrücke hier als kurzen Gastbeitrag zu deponieren - und überlasse ihr ab sofort Tastatur und Bildschirm. (Die Langfassung mit noch mehr Fotos gibt es auf ihrer eigenen Seite sandrina-illes.at.)

Foto: Stefan Jeschke

Kenia - mehr als nur Höhentraining

Dem kalten Winter entfliehen ist an und für sich schon attraktiv, wenngleich ja Laufen eh irgendwie immer geht. Aber das Run2Gether-Camp, von einem Österreicher gegründet, um eine Verbindung von Läufern westlicher und kenianischer Herkunft herzustellen, bietet mehr als Höhenluft und Wärme.

Foto: Stefan Jeschke

Zugegeben, man muss sich schon darauf einlassen, auf ein paar Bequemlichkeiten zu verzichten. Dazu gehört die Möglichkeit, einfach nebenan zum Supermarkt zu gehen und sich nach dem Training mal ein Cola zu gönnen. Oder das eigene WC. Ja, aber das war's dann eigentlich auch schon mit den Entbehrungen – zumindest aus meiner Sicht.

Foto: Stefan Jeschke

Mehr als aufgewogen wird es durch die Kenianer vor Ort. Ich kann mich nicht erinnern, mich jemals an einem Urlaubsort so sehr willkommen gefühlt zu haben. Die Verständigung ist einfach, das Bemühen, den Gästen jeden Wunsch zu erfüllen, sehr groß. Natürlich haben die Läufer in Kenia genauso unterschiedliche Charaktere, wie bei uns die jungen Leute – dafür aber wirklich fast immer ein Lächeln auf den Lippen.

Foto: Stefan Jeschke

Viel Zeit des Tages wird gemeinsam verbracht, sei es bei den Mahlzeiten, bei der "Tea Time" am Nachmittag oder das Beisammensein am Abend – ja, und natürlich beim Training. Das soll jetzt nicht heißen, dass man keine Rückzugsmöglichkeiten hätte. Die Umgebung lädt auch zu einem gemütlichen Spaziergang alleine ein und der Nachmittagsschlaf ist bei entsprechender Belastung auch fast unumgänglich.

Foto: Stefan Jeschke

Wir sind mit einem eigenen Trainingsplan angereist und hatten immer Begleitung durch mindestens einen einheimischen Läufer. Selbst auf der Laufbahn, die erst vergangenen Dezember eröffnet wurde, ruht sich kein Kenianer aus, während wir laufen – egal, ob es in deren Trainingsplanung passt oder nicht, man hat immer einen Pacemaker und Motivator zur Seite.

Foto: Stefan Jeschke

Der Zugang zum Laufen ist freilich ein völlig anderer als bei uns. Für die Läufer vor Ort ist es vielleicht auch eine Leidenschaft, aber in erster Linie ist es "Business". Laufen ist ein Job, so wie wir unsere Arbeit zu Hause haben. Im Camp sind nicht nur Spitzenläufer, es sind auch Läufer mit anderen Talenten dabei, sei es ein Masseur, Koch, Safari-Organisator oder Sicherheitsbeauftragter.

Foto: Stefan Jeschke

Wem Camp und Umgebung zu wenig ist, der kann auch aus unzähligen Safari-Möglichkeiten wählen. Die Läufer vor Ort begleiten einen dabei und erklären die Tier- und Pflanzenwelt vor Ort.

In den National Parks ist die Wildtierdichte auch so groß, dass ich mir kaum vorstellen kann, dass man einmal keine Giraffen, Zebras, Antilopen, Büffel, Nashörner oder sogar Großkatzen zu Gesicht bekommt.

Foto: Stefan Jeschke

Eine meiner größeren Ängste im Vorfeld betraf das Essen. Wer viel trainiert, muss viel essen. Meine Bedenken haben sich als völlig unbegründet herausgestellt, nicht nur, dass die Kenianer versuchen, jeden Wunsch zu erfüllen (so bekam ich zum Beispiel täglich am Abend warme melkfrische Milch vom Bauern ums Eck, naturbelassener geht’s nicht mehr), es gibt auch wirklich reichlich zu essen.

Als Veganer oder Vegetarier hat man kein Problem dort, die meisten Speisen bestehen aus Kohlehydraten in Form von Maisgrieß, Kartoffeln oder Reis plus irgendeinem Gemüse. Wer daheim schon mal vorsorglich seinen Verdauungstrakt auf Hülsenfrüchte wie Bohnen einstellt, ist auch hinsichtlich Verträglichkeit auf der sicheren Seite. Hunger leiden muss im Camp keiner – im Umkreis gibt’s eigentlich außer Land- und Viehwirtschaft … nicht viel.

Foto: Stefan Jeschke

Das Gelände ist größtenteils recht unwegsam, die einfachste Strecke ist die Laufbahn. Auch der Begriff einer "Straße" wird in Kenia neu definiert.

Es ist somit von Vorteil, als Läufer vorab schon immer wieder abseits asphaltierter Straßen zu laufen und auch mal ein paar Höhenmeter zurückzulegen.

Foto: Stefan Jeschke

Wilde Tiere, die gefährlich werden könnten, gibt’s auf den Laufstrecken keine – nur unzählige Esel ( das Transportmittel Nummer eins), Rinder, Schafe und Ziegen. Und speziell wenn man mal alleine unterwegs ist, muss man damit rechnen, einer Horde laufbegeisterter Kinder zu begegnen, die einen auch sofort begeistert begleiten und an der Hand nehmen.

Foto: Stefan Jeschke

Was das Klima betrifft, so hat es zur Zeit unserer Anwesenheit so gut wie nicht geregnet, es war jeden Tag sehr warm, nur in der Nacht kühl und windig. Man sollte sich auch auf größere Mengen Staub einstellen, Füße einschmieren, um keine Blasen zu bekommen und Brille als Backup für Kontaktlinsenträger.

Foto: Stefan Jeschke

Das Training der Kenianer mutet für uns eher chaotisch an. Ich bin nicht sicher, ob der Coach tatsächlich weiß, was wann genau jeder gelaufen ist und wie es überall ist – der eine ist motivierter und fleißiger als der andere.

Auch den Kenianern fällt das schnelle Laufen nicht in den Schoß. Sie haben tolle Trainingsgemeinschaften, aber Konsequenz beim Rumpftraining oder Verbesserung der Lauftechnik steht nicht unbedingt an erster Stelle.

Foto: Stefan Jeschke

Ob es mir läuferisch etwas gebracht hat? Schwer zu sagen, ich hätte ja daheim auch trainiert. Und zwei Wochen sind für Höhentraining recht kurz. Aber der mentale Erholungseffekt und die Erfahrung an sich, das Leben mit den Läufern vor Ort, das kann mir keiner mehr nehmen.

Foto: Stefan Jeschke

Meinen ausführlichen Reisebericht mit meinem exakten Trainingsprogramm gibt's auf sandrina-illes.at)

Foto: Timo Rieger

Flüge gibt es ab ca. 500 Euro. Die Übernachtung mit Vollpension (!) kostet 30 Euro pro Person im Doppelzimmer. Der Flughafen ist rund 1,5 Stunden entfernt, der Transport wird organisiert, all inclusive sozusagen.

Wem Kenia als Reiseziel zu weit weg ist, der kann sich mit den Läufern auch auf der Turracher Höhe bekanntmachen. Weiterführende Informationen zum Projekt Run2Gether gibt es auf run2gether.com. Und ein empfehlenswertes Buch zur Vorbereitung ist "Im Land des Laufens" von Adharanand Finn – wer danach keine Lust auf Laufen in Kenia hat, sollte es einfach noch einmal lesen!

(Sandrina Illes, Thomas Rottenberg, derStandard.at, 18.2.2015)

Foto: Stefan Jeschke