Was ist mit der einst so erfolgreichen österreichischen Wirtschaft geschehen? Diese Frage drängt sich seit den enttäuschenden Wachstumszahlen der vergangenen Woche und vor allem dem Verlust der Topbonität durch nunmehr zwei der drei großen Ratingagenturen immer stärker auf..

Eine Antwort lässt sich an einem Datum und einer Person festmachen. Das Datum ist der 24. September 2008, als wenige Tage vor der Nationalratswahl im Parlament zahlreiche Wahlzuckerln beschlossen wurden, für die bis heute gezahlt werden muss, darunter die Verlängerung der Hacklerpension und die Abschaffung der Studiengebühren. Und die Person ist Werner Faymann, der damals bereits die SPÖ führte und kurz darauf die Kanzlerschaft übernahm. In dieser Nacht vor fast sieben Jahren begann die Politik der kleineren und größeren Gefälligkeiten, die in der Faymann-Ära unbeirrt fortgesetzt wurde.

Wirtschaftspolitik besteht seither darin, neue Sozialleistungen und Förderungen zu erfinden, die gewisse Klientelgruppen zufriedenstellen, ständig auf Umfragen und den Boulevard zu schielen und für akute Probleme Notpakete zu schnüren, aber haltbare Lösungen und echte Reformen auf später zu verschieben. Nichts, was die Regierung tut, darf den Massen wehtun, denn das weckt ungewünschten Widerstand. Eine zukunftsorientierte Standortpolitik, die auch Opfer verlangt, hat hier keinen Platz.

Der SPÖ-Vorsitzende ist dafür nicht allein verantwortlich. Die ÖVP hat unter ihren vier Obmännern und fünf - meist mäßig begabten - Finanzministern kaum dagegengehalten und selbst oft dazu beigetragen, ebenso die Landeshauptleute beider Parteien, denen die Besitzstandswahrung über alles geht. Dazu kamen das vor allem in Kärnten geschaffene Hypo-Desaster und die von außen aufgezwungenen Weltfinanz- und Osteuropakrisen.

Aber der Ton und die Richtung der heimischen Politik gehen vom Kanzler aus, der seit seiner Jugend immer nur Politik betrieben hat - im Sinne der Mechanik des Machterhalts und nicht der Gestaltung - und dies heute noch tut.

Die Folgen eines solchen populistischen Kurses lassen sich genau voraussagen: Die Wirtschaft wächst immer schwächer, die Arbeitslosigkeit steigt, und trotz hoher Steuer- und Abgabenbelastung fehlt für alle wesentlichen Aufgaben das Geld. Wird eine solche Politik lang genug fortgesetzt, dann sinken auch Wohlstand und Lebensqualität. Und die Politiker, die nur geliebt werden wollen, finden sich in den Umfragen im Dauertief.

Faymanns politischer Stil hat nun auch die Außenpolitik erfasst, die bisher meist von nüchternen Sachinteressen geprägt war. Im eigenen Land gegen EU-Entscheidungen zu wettern, die man in Brüssel selbst mitgetragen hat, hat ja schon Tradition. Aber dass der Kanzler nun wegen eines 1400 Kilometer entfernten AKW-Baus mit Großbritannien einen bösen Streit vom Zaun bricht, der Österreich nichts bringt außer der Gefahr von britischen Vergeltungsschritten, nur um den Applaus der Atomkraftgegner zu erheischen, hat eine neue, zutiefst destruktive Qualität.

Wenn der jetzige Trend anhält und Österreich in Europa und in der Weltwirtschaft weiter zurückfällt, dann wird man später einmal auf die Faymann-Ära als Zeit der vergebenen Chancen zurückblicken, für die das Land einen hohen Preis zahlt. (Eric Frey, DER STANDARD, 17.2.2015)