Finanzminister Schelling bei seiner Ankunft in Brüssel. (© Europäische Union/EBS)

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Yiannis Varoufakis, der neue Finanzminister Griechenlands, will mehr Zeit, um die Schulden zu reduzieren

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Es hat in den Jahren der Eurokrise viele schwierige Notsitzungen der Finanzminister der Eurogruppe gegeben, mehrfach Nachbesserungen von Hilfskreditprogrammen der Eurostaaten und des Währungsfonds (IWF) für Irland, Griechenland, Portugal oder Spanien seit Mai 2010. Doch selbst in heikelsten Situationen, wenn die Märkte auf den Absturz ganzer Länder setzten, versuchten die Minister stets Hoffnung zu erzeugen, Konsenswillen zu betonen.

Pressekonferenz des griechischen Finanzministers am Montagabend in Brüssel.
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Das Gegenteil spielte sich Montag in Brüssel ab, als die Vertreter der 19 Eurostaaten in Brüssel eintrafen, um – nach dem gescheiterten Versuch am Mittwoch – eine Lösung im Streit mit Griechenland zum laufenden zweiten Hilfspaket zu suchen. Die Atmosphäre war angespannt. Völlig offen wurde von einigen ihr Misstrauen gegen die Verlässlichkeit und Handlungsfähigkeit des griechischen Finanzministers Yiannis Varoufakis ausgesprochen.

Dieser kam eine halbe Stunde zu spät in den Saal, aber dafür in Begleitung eines Kameramannes, während EZB-Chef Mario Draghi schon sprach. "Ich bin sehr skeptisch", hatte der Deutsche Wolfgang Schäuble zuvor erklärt, die Regierung in Athen "hat sich offenbar nicht bewegt", müsse "erst mal entscheiden, was sie will".

Bei den "technischen Gesprächen" der Experten aus Griechenland mit den "Institutionen" (EU-Kommission, IWF und Zentralbank) am Wochenende hatte es keine Einigung gegeben. Den Ministern lagen keine belastbaren Zahlen vor, und auch kein konkreter Antrag von Varoufakis.

Mangel an Vertrauen

Nur der Franzose Michel Sapin redete davon, den Griechen eine Lockerung der Spar- und Reformauflagen zu gewähren. Aber auch er beharrte darauf, dass zuerst das laufende Programm sauber abgeschlossen werden müsse. Aber die Ausgangslage war denkbar ungünstig. Der Ärger der Europartner richtete sich gegen den Umstand, dass Varoufakis, ein Ökonomieprofessor, ihnen dann erneut einen langen Vortrag über einen nötigen Europolitikwechsel hielt, wie mehrere Diplomaten bestätigen. Er habe aber nicht konkretisiert, wie das ablaufen sollte bzw. wie sein Land sich verbesserte Bedingungen im Hilfsprogramm vorstelle.

So nahm das Drama seinen Lauf. Eurogruppenchef Jeroen Dijsselbloem, der mit Varoufakis im Vorfeld bereits ein Gespräch geführt hatte, das aber eisig und ohne Ergebnis verlaufen sein soll, legte im Namen der Eurogruppe den Entwurf einer Erklärung vor.

Diese sah im Kern vor, dass man sich mit Griechenland darauf einigen wolle, das laufende Programm für einige Monate fortzusetzen. Währenddessen sollten offene Kredithilfen ausgezahlt werden, aber nur unter der Bedingung, dass vereinbarte Reformen und Verpflichtungen von Athen anerkannt und eingehalten werden. Im Gegenzug wollte sich die Eurogruppe bereiterklären, über eine Abmilderung von Spar- und Reformauflagen zu reden, wie die Regierung von Ministerpräsident Alexis Tsipras das forderte.

Das sollte Raum schaffen für ein etwaiges neues drittes Programm, das aber von den Parlamenten einiger Mitgliedstaaten wie Deutschland oder Finnland bestätigt werden müsste. Da in Finnland in wenigen Wochen gewählt wird, drängt die Zeit – auch weil das geltende Programm Ende Februar ersatzlos auslaufen würde.

Varoufakis weigerte sich, diese gemeinsame Erklärung mitzutragen, brachte wie vergangene Woche den Vorschlag eines "Übergangsprogramms" ein. Es wurde weiterverhandelt, aber kurze Zeit später verkündete das griechische Fernsehen unter Berufung auf die Delegation aus Athen das Scheitern der Gespräche. Dijsselbloem brach die Sitzung der Eurogruppe ab, weil "die Basis für weitere Gespräche fehlte".

Aber die Tür bleibt offen: Er hoffe, dass die griechische Regierung es sich überlege, das Angebot doch anzunehmen, erklärte Dijsselbloem in einer Pressekonferenz am Montagabend. Beantragt sie die Verlängerung des Hilfsprogramms, könnte es Freitag wieder eine Sitzung der Eurogruppe geben – die dritte in acht Tagen. (Thomas Mayer, DER STANDARD, 16.2.2015)