"Verrat hinter der Front ist Verrat an der Revolution und allen Idealen der islamischen Republik und muss geahndet werden", verkündete Präsident Hassan Rohani am Jahrestag der Islamischen Revolution am Azadi-Platz in Teheran und erntete große Zustimmung unter mehreren tausend versammelten Demonstranten. Gemeint waren die konservativen Gegner der Atomverhandlungen zwischen dem Iran und den P5+1 (den fünf Uno-Vetomächten und Deutschland). Allen Bemühungen der Hardliner zum Trotz ist eine breite Zustimmung in der Bevölkerung zum außenpolitischen Kurs der Regierung klar erkennbar. Die wenigen Gegner wurden stets von den Befürwortern übertönt.

In letzter Zeit scheint die Regierung Rohani in den Verhandlungen alles in eine Waagschale zu werfen – und mit den innenpolitischen Gegnern wird ebenso energisch umgegangen. Nach einer gewissen Erholung der Wirtschaft und einer sinkenden Inflation trotz der tiefen Ölpreise steigt der Optimismus in Wirtschaftskreisen. Aber um seine Gegner ins Abseits zu manövrieren, braucht Rohani einen Atomdeal mit den P5+1.

Unterstützung hat Rohani zuletzt bei Ayatollah Ali Khamenei gefunden. Der religiöse Führer hat in einer Ansprache vor dem Jahrestag der Revolution ausdrücklich als wünschenswert bezeichnet, dass ein "umfassendes Abkommen" bei den Verhandlungen zustande kommt, und seine Zustimmung dazu betont. Während die konservativen Kreise im Iran in letzter Zeit keine Gelegenheit ausgelassen haben, Außenminister Mohammed Javad Zarif und seine Taktik bei den Verhandlungen infrage zu stellen, sind das deutliche Worte des Revolutionsführers an jene, die eine Einigung im Atomstreit als Verrat an den Idealen der Revolution darstellen wollen.

Der fast in Vergessenheit geratene Expräsident Mahmud Ahmadi-Nejad bereitet sich aber offenbar taktisch vor, beim Scheitern der Verhandlungen wieder in Erscheinung zu treten, obwohl erst neulich sein langjähriger Vize Mohammad Reza Rahimi wegen Korruption und Unterschlagung zu mehr als fünf Jahre Gefängnis verurteilt wurde und auch mehrere seiner ehemaligen Mitarbeiter wegen ähnlicher Vorwürfe auf ihre Gerichtsverhandlungen warten. Nach seiner Verurteilung hat Rahimi in einem offenen Brief Ahmadi-Nejad als Drahtzieher aller ihm vorgeworfener Korruptionsdelikte bezeichnet.

Wahlen zum Gelehrtenrat

Es gibt noch ein zweites großes innenpolitisches Thema. In weniger als vier Wochen steht die Wahl des Vorsitzenden des Gelehrtenrats bevor, der im Oktober 2014 verstorbene Ayatollah Mohammed Reza Mahdavi-Kani muss ersetzt werden. Zwei Kandidaten gelten als favorisiert: Ali Akbar Hashemi Rafsanjani, der frühere Staatspräsident, und Mahmud Hashemi Shrahrudi, der frühere Justizchef. Beide stehen Rohani nahe.

Die konservativen Abgeordneten des Gelehrtenrates, vor allem Mohammed Taghi Mesbah Yazdi, dem Ambitionen für das Amt nachgesagt werden, haben dem Vernehmen nach nicht die geringste Chance, diesen Posten zu bekommen. Die Wahl eines ihm freundlich gesinnten Gelehrtenrat-Chefs würde Rohanis Position gegenüber seinen konservativen Gegnern weiter stärken. (Amir Loghmany aus Teheran, derStandard.at, 13.2.2015)