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Yohan Goncalves Goutt aus Osttimor war in Sotschi der erste Olympiateilnehmer seines Landes. "Das war der größte Traum." Zuvor hatte er den osttimorischen Verband gegründet und auch das Verbandslogo (links) kreiert. In Vail ist Goutt in der Qualifikation gescheitert. Bei der WM 2017 und bei Olympia 2018 will er wieder dabei sein.

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"Umarm mich bitte! Ich glaube, ich brauch das", sagt Alexander Heath aus Südafrika. Soeben hat er als Läufer mit der Startnummer 103 den ersten Durchgang des Qualifikationsrennens für den Riesentorlauf auf dem Vail Mountain bewältigt. "Ich bin nicht wirklich zufrieden, aber glücklich, dass ich es ins Ziel geschafft habe", sagt der 36-Jährige.

Es ist einer der beiden Wettkämpfe, bei denen sich die Internationalität dieser Ski-WM am besten zeigt. Und doch sind nicht die Massen im Golden Peak Stadium. Während nämlich 110 Herren aus 48 Nationen in Vail einen von 50 zusätzlichen Startplätzen für die Riesentorlauf-Entscheidung zu ergattern versuchen, fahren drüben in Beaver Creek die Damen bereits um Medaillen.

Alexander Heath hat es nicht geschafft, im zweiten Durchgang schied er aus. Eigentlich sollte nicht er, sondern sein Schützling Sive Speelman ins Rennen gehen. Heath ist Trainer, seine Karriere hat er schon lange beendet. Aber der 19-jährige Speelman erhielt kein Visum für die USA, und so schnallte Heath kurzerhand selbst an. "In Anbetracht der Umstände war es ganz okay", sagt er.

Brasilien und Osttimor

Erst am Anfang seiner Karriere steht der 16-jährige Michel Macedo. Sein akzentfreies Englisch lässt nicht darauf schließen, dass er Brasilianer ist. Macedo stammt aus Fortaleza, zog aber schon als kleines Kind mit seinen Eltern in die USA. Er trainiert in Oregon. 120 Tage im Jahr steht er auf Skiern, natürlich wollte er weiterkommen, Macedo aber scheiterte am vorletzten Tor.

Auch Yohan Goncalves Goutt qualifizierte sich nicht. Aber seine Mission ist ohnehin eine andere. Im Vorjahr war der 20-Jährige in Sotschi der erste Teilnehmer Osttimors bei den Olympischen Winterspielen. "Das war der größte Traum." Jetzt sagt er, will er einfach nur sein Land bewerben. Seine Leistung in Vail war ihm trotzdem nicht egal. "Ich habe hundert Prozent gegeben, ich bin glücklich." In Sotschi sei er schrecklich Ski gefahren. Er wollte einfach nur ins Ziel kommen, "damit ich auf der Ergebnisliste aufscheine". Goutt trainiert und studiert in Frankreich. Auch bei den nächsten Olympischen Spielen will er dabei sein. "Aber es hängt an der Finanzierung. Sotschi hat mich viel Geld gekostet. Mein Land kann kein Skiteam finanzieren." Rund 20.000 Euro muss er pro Saison für Training, Trainer und Ausrüstung aufbringen.

Selbstbewusster Georgier

Alex Beniaidze hat es da besser. Erstens trägt der georgische Skiverband seine Kosten, zweitens hat sich der 24-Jährige für die WM-Entscheidung qualifiziert. Beniaidze kommt aus Gudauri, wo er in teilweise von Österreichern errichteten Skiresorts trainieren kann. Sein Ziel für die Zukunft? Die Top 30 der Welt. "Ich weiß, dass ich es kann."

Gar nicht zufrieden mit seinem Rennen war Einar Kristinn Kristgeirsson (21) aus Island. "Ich war einfach zu langsam." Qualifiziert hat er sich trotzdem und trotz der suboptimalen Trainingsbedingungen in seiner Heimat. "Da ist immer schlechtes Wetter." Deshalb übt Kristgeirsson oft in Norwegen und Schweden. Am Samstag bestreitet er noch die Qualifikation für den Slalom - seine bessere Disziplin.

"Diesen Jungen müssen sie interviewen", ruft ein Mann aus dem Zielraum. "Das ist der jüngste Teilnehmer." Er deutet auf den Burschen mit Startnummer 78: Itamar Biran (16) aus Israel. Der Mann ist sein Vater und Trainer. Itamar ist nicht ganz der Jüngste im Teilnehmerfeld, aber egal. Er hat die Quali im Gegensatz zum Mexikaner Hubertus von Hohenlohe geschafft. "Ich bin zufrieden mit dem Rennen. Es war gut", sagt er. In Israel könne man zwar Ski fahren, erzählt er, aber für ein qualitativ hochwertiges Training reiche es nicht. Er übt daher den Großteil des Jahres in Frankreich, zur Schule geht er in London, er stammt aus Tel Aviv. Die Liebe seines Vaters zum Skisport brachte Itamar auch dazu.

Zielstrebiger Ire

Auch für Patrick McMillan ist es die erste WM, die Quali bewältigte er ebenfalls erfolgreich. Der 23-jährige Ire meint es ernst mit dem Sport, hat sein Studium geschmissen. Jetzt ist er Vollzeitskifahrer. Im Winter trainiert er in Kärnten, am Mölltaler Gletscher mit dem österreichischen Coach Hans Frick und dem ÖSV-Europacupteam. Früher war McMillan ein guter Rugbyspieler. "Aber es ist schwierig, sich da durchzusetzen." Deswegen entschied er sich für das Skifahren.

Jean-Pierre Roy steht nicht mehr am Anfang seiner Karriere. Die Quali war für den 51-Jährigen aus Haiti nicht drin, aber er schlug immerhin den Jamaikaner Michael Williams. "Mein Rennen war nicht so schlecht", sagt er. "Aber ich hatte Angst, den Kurs runterzufahren." Ski fährt er in Frankreich, wo er auch eine Computerfirma betreibt. Für die WM hat er 20 Tage auf Schnee trainiert. Haiti habe viele Probleme, sagt er, deswegen will er eine positive Seite seines Landes zeigen. "Haiti ist eine schöne Insel. Man kann hier gut Urlaub machen." (Birgit Riezinger aus Beaver Creek, DER STANDARD, 14.2.2015)