Ein Frack hat eine große Schwachstelle: die Knöpfe.

Foto: DER STANDARD/Regine Hendrich

In den Notfallschneidereien des Opernballs werden textile Malheurs gratis beseitigt.

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Wien - Freitagfrüh waren verschütteter Champagner, abgebrochene Lilienköpfe und abgerissene Kleidungsstücke verschwunden: 500 Personen haben fast alle Spuren des 59. Wiener Opernballs beseitigt. Die unversehrten Exemplare der ursprünglich 40.000 Gläser wurden abtransportiert.

Die Putztruppe wird selten so einen farbenfrohen Beutelinhalt im Staubsauger haben: Viele Damen erschienen in metallisch-funkelnden Ballroben. Kurz nach der Eröffnung schillerte der Boden der Staatsoper bereits durch die Pailletten, die sich von den Kleidern gelöst hatten. Auf der Feststiege lagen abgerissene Tüll- und Seidenfetzen. Denn der Gang über die Treppe mit bodenlangem Stoff ist trickreich, besonders im Gedränge. Schnell kommt es zu textilen Unfällen.

"Notmaßnahmen mit ein paar Stichen"

Für diesen Fall gab es den Couture Emergency Room. "Helfende Hände gab es schon immer, aber heuer flickt zum ersten Mal die Luxusschneiderei Popp & Kretschmer", verlautete aus dem Pressebüro der Staatsoper. Drei Näherinnen empfingen die indisponierten Damen mit Nadel und Faden in einem mit goldenem Stoff dekorierten Raum. "Wir machen hier Notmaßnahmen, mit ein paar Stichen oder Sicherheitsnadeln", sagte eine Mitarbeiterin. Und schon klopfte eine neue Kundin an die Tür: Sie hatte sich den Saum beim Walzer abgetreten. In zwei Minuten war das Malheur unsichtbar. "Wir haben das tapfere Schneiderlein gefunden", kommentierte der Ehemann.

Die Näherinnen trugen selbst elegante Ballkleider. Es ist ihr erster Opernball, gesehen haben sie nicht viel davon. Rund 25 Frauen benötigten schon vor Mitternacht eine modische Erstversorgung.

Auch die Herren wurden nicht im Stich gelassen. "Frackknöpfe, Hosenträger, abgetrennte Schuhsohlen", zählte ein Herrenschneider Schwachstellen der männlichen Garderobe auf. Bei gröberen Fällen wurde es unterirdisch: Ein Gang führt direkt in eine Schusterei neben der Albertina. (july/DER STANDARD, 14.2.2015)