Dafür, dass die ÖVP in all den Koalitionsjahren offenkundig glücklos die Finanzminister der Republik stellte; dafür, dass ihre Parteiobleute und Vizekanzler sich seit 2006 reihenweise aus dem Verkehr zogen, nachdem sie sich an ihren eigenen, ohnehin nicht allzu hohen Ansprüchen verschlissen hatten; und dafür, dass diese forsche Virilität, mit der sich die momentan Letzten in der Ämternachfolge dem Publikum präsentieren, den bisherigen Mangel an substanziell neuen Ideen auch nicht überdecken kann - dafür geht es der ÖVP ziemlich gut. Dafür, dass die SPÖ bis zu den letzten Nationalratswahlen die stärkste Partei war, seit bald zehn Jahren den Regierungschef stellt und viel Geld in die Senkgruben des Boulevards ausgeschüttet hat, geht es ihr ziemlich schlecht.

Noch schlechter geht es zurzeit nur noch beider Koalition. In wirtschaftlich schwierigeren und außenpolitisch zunehmend gefährlichen Zeiten ist diese von einer absoluten Mehrheit weiter entfernt denn je - Tendenz sinkend -, und auch die Partner sind weiter entfernt voneinander als bei Leuten üblich, die vorgeben, gemeinsame Ziele zu haben. Was nicht nur die medialen Duette nach dem Ministerrat mehr betonen als kaschieren. Der Kampf der Partner gegeneinander wird mit zunehmender Härte geführt, umso härter, als es nur noch ein Kampf um den zweiten Platz ist. Eine Rechtfertigung der rot-schwarzen Koalition - die Freiheitlichen von einer neuerlichen Regierungsmitverantwortung fernzuhalten, nachdem dieses Experiment schon einmal gründlich schiefgegangen ist - verliert immer mehr an Kraft, Wählerinnen und Wähler zu überzeugen. Wenn Meinungsumfragen nun einen Vorsprung der Volkspartei vor der SPÖ und einen solchen des Vizekanzlers vor dem Bundeskanzler signalisieren, wäre das in Hinblick auf ein Wahljahr 2018 relativ belanglos.

Das ist es aber nicht unter einem kleineren Zeithorizont. Und da ist der Eifer schon interessant, mit dem die Sticheleien gegen Werner Faymann am Köcheln gehalten werden. Als hätte es Bedeutung nicht bloß für ihn, sondern für die Republik, wurde wochenlang sein unerfreuliches Wahlergebnis beim Parteitag aufgeblasen. Dass er Steuerreformvorschläge des ÖGB übernahm, wurde als Schwäche ausgelegt. Nur, wenn jetzt rasende Unternehmerinitiativen Schelling den Rücken stärken, gilt das als selbstverständlich. Außenpolitik betreibe er mit innenpolitischem Kalkül - als ob die Berufung eines Jünglings ohne jede außenpolitische Erfahrung zum Außenminister ein seriöser Beitrag zur Lösung der Weltprobleme wäre. Und überhaupt ist er eigentlich nur noch der Platzhalter für den jetzigen ÖBB-Chef.

Die SPÖ kann sich über diesen Leidensdruck aber nicht bei anderen beschweren. Er ist letztlich hausgemacht, aber nichts, was sich nicht reparieren ließe. Sie braucht nur bis 17. März partnerschaftlich eine Steuerreform durchzusetzen, bei der die Lohnsteuer für Arbeitnehmer spürbar reduziert und die Vermögens- sowie Erbschaftssteuer salonfähig gemacht wird, sodann bei vier Landtagswahlen ein starkes (aber positives!) Ergebnis einzufahren - und alles wird wieder gut. Bis auf weiteres. (Günter Traxler, DER STANDARD, 13.2.2015)