Straßburg/Wien - Bei den Asylwerbern "beißt sich die Katze in den Schwanz", sagt die grüne Europaabgeordnete und Sonderberichterstatterin des Europaparlaments für den Kosovo, Ulrike Lunacek. Denn die vielen Kosovaren, die derzeit in Österreich, Deutschland und Ungarn um internationalen Schutz ersuchen, würden die Chance auf Normalisierung im Umgang mit Bürgern des Westbalkanstaats beträchtlich mindern; für eine Normalisierung, die mit eine Voraussetzung dafür sei, um den Exodus zu beenden.

1029 Kosovarinnen und Kosovaren haben im Jänner in Österreich um internationalen Schutz ersucht, allein 558 in der ersten Februarwoche. 3630 Asylanträge waren es im Jänner in Deutschland. Das Tauziehen um die im Kosovo lang ersehnte Visumsfreiheit in der EU (siehe Artikel oben) werde aufgrund dessen noch länger andauern, sagt Lunacek, die derzeit einen Kosovo-Bericht für den außenpolitischen Ausschuss des Europaparlaments am 24. Februar vorbereitet. Der Rat der EU-Innenminister sei für eine solche Liberalisierung nur zu haben, wenn sich die Asylwerbersituation wieder entspanne, ergänzt ihr Sprecher.

Kampf gegen die Armut

Auch laut kosovarischen Zeitungsberichten, die sich auf "hochrangige EU-Diplomaten" berufen, sind wirksame Maßnahmen der Regierung in Pristina gegen die zunehmenden Ausreisen Voraussetzung für die Visumsfreiheit. Es sei mehr als das, sagt Lunacek: "Die vielen Asylanträge konterkarieren alle Beteuerungen seitens des Kosovo, den juristischen und sicherheitspolitischen Anforderungen gerecht werden zu können, die mit einer Visa-Liberalisierung einhergehen." Die Regierung sei mehrfach gefordert, denn als Voraussetzung jeder Verbesserung müssten Maßnahmen gegen die massive Armut in dem Westbalkanland gesetzt werden.

Das meint auch Herbert Langthaler von der Asylkoordination in Wien. Die von der österreichischen Innenministerin Johanna Mikl-Leitner (ÖVP) in die Diskussion geworfene Beschleunigung von Asylverfahren aus sicheren Herkunftsstaaten wie dem Kosovo auf zehn Tage lehnt er ab. Beschleunigte Asylverfahren gebe es in Österreich jetzt schon, sagt auch Grünen-Menschenrechtssprecherin Alev Korun. Mikl-Leitners Ankündigungen seien nur "symbolische Asylverschärfungspolitik".

"Fünf Monate" statt zehn Tagen

Tatsächlich sucht man in dem dem Standard vorliegenden Entwurf für die diesbezügliche Asylgesetznovelle die Zehntagesfrist vergebens. "Beschleunigte Verfahren sind längstens innerhalb von fünf Monaten zu entscheiden", heißt es darin nur. Die Zehntagesvorgabe werde "nur begleitend kommuniziert", heißt es dazu aus dem Innenministerium. Immerhin, so ein Insider, könnte eine solche Festlegung von Asylwerbern, die es eilig haben, rechtlich eingeklagt werden. (Irene Brickner, DER STANDARD, 12.2.2015)