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Bei Demonstrationen am vierten Jahrestag der Revolution, dem 25. Jänner, wurde unter anderem eine Frau getötet. Ein paar Tage später protestierten Frauen gegen Polizeigewalt.

Foto: AP Photo/Hassan Amma

Ahmed Ezz und Ahmed Douma, zwei Lebensläufe, die 2011, als am 11. Februar der ägyptische Langzeitpräsident Hosni Mubarak gestürzt wurde, in unterschiedliche Richtungen wiesen: Damals sah der Mubarak-Intimus Ezz wie einer der großen Verlierer aus und der Demokratieaktivist Douma wie der Mann der Zukunft. Vier Jahre später wird Ezz ins Parlament einziehen, Douma sitzt im Gefängnis.

Die meisten Ägypter und Ägypterinnen haben weder mit dem einen noch dem anderen Extrem etwas zu tun: Sie wünschen sich nach vier Jahren Tumult nur endlich wieder mehr Ruhe und Sicherheit. Als der bei den Wahlen 2012 knapp, aber doch gewählte Muslimbruderpräsident Mohammed Morsi das nicht bieten konnte, wurde er 2013 gestürzt, ähnlich "konsensuell" wie Mubarak. Mubarak ist frei, Morsi droht die Todesstrafe.

Revisionistische Justiz

Dem im Winter 2011/2012 gewählten, von den Islamisten dominierten Parlament hatte bereits die ägyptische Justiz im Sommer 2012 den Garaus gemacht - es schien niemandem abzugehen. Im März und April wird nun ein Neues gewählt, wobei aber nichts dem Zufall überlassen wird: Das neue Wahlgesetz ist so gestrickt, dass nichts passieren kann.

Seit Sommer 2014 hat Ägypten auch wieder seinen Traumpräsidenten - seine Zukunft wurde ihm im Traum vorhergesagt, erzählte Abdelfattah al-Sisi einmal. Der von Morsi eingesetzte frühere Armeechef wurde mit fast 97 Prozent der Stimmen gewählt, allerdings mit einer für ihn enttäuschenden Wahlbeteiligung unter 50 Prozent. Trotzdem, Fakt ist, dass ihm um zehn Millionen Ägypter mehr ihre Stimmen gegeben haben als im Juni 2012 Morsi.

Morsi war der erste ägyptische Präsident, der nicht aus der Armee kam - und dass Hosni Mubarak seinen Sohn Gamal, einen Geschäftsmann, für den Posten in Stellung brachte, wird dazu beigetragen haben, dass ihn die Armee im Februar 2011 relativ schnell fallen ließ. Nun hat wieder alles seine Richtigkeit. Mit Sisi haben die Ägypter auch wieder - wie mit Sadat (1970-1981) - einen ausgesprochen frommen Präsidenten. "Sisis Islam" interessiert inzwischen auch die Wissenschaft.

"Geld wie Reis" vom Golf

Die eineinhalb Jahre seit Morsis Sturz konnte Sisi auf die volle Unterstützung Saudi-Arabiens und dessen Verbündeten am Golf zählen. Sisis Projekt war auch das des saudischen Königs Abdullah und seiner scharfen Linie gegen die Muslimbrüder in Ägypten und anderswo. Vom arabischen Golf rollte die finanzielle Hilfe in Milliardenhöhe.

Seit Abdullahs Tod am 23. Jänner ziehen jedoch dunkle Wolken am Horizont auf. Es gibt Anzeichen dafür, dass Saudi-Arabien unter König Salman einen Schwenk vollzieht und die Beziehungen zu jenen Ländern verbessern will, die auf der Pro-Muslimbrüderliste stehen: vor allem die Türkei. Auch die Palästinenser betreffend könnte Riad zur traditionellen Rolle als Vermittler zwischen der Hamas (einem Muslimbrüder-Abkömmling) und der Fatah zurückkehren.

Das widerspricht der derzeitigen ägyptischen Staatsräson. Und prompt taucht in einem - türkischen - TV-Kanal ein (nicht verifiziertes) Tonband auf, auf dem Sisi abschätzig von den reichen arabischen Golfstaaten spricht, die ohnehin "Geld wie Reis" hätten und zur Kasse gebeten werden müssen. Zu Wochenbeginn trat Sisi per Telefon einen Canossagang an. Fußball und Politik Seite 27

Bei Demonstrationen am vierten Jahrestag der Revolution, dem 25. Jänner, wurde unter anderem eine Frau getötet. Ein paar Tage später protestierten Frauen gegen Polizeigewalt. (Gudrun Harrer, DER STANDARD, 11.2.2015)