"Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass Studienplätze in Österreich keinen Wert haben", sagt Meinhard Lukas.

Foto: jku

Am Montag hat der Senat der Johannes-Kepler-Universität Linz (JKU) Meinhard Lukas zum neuen Rektor gewählt. Er wird sein Amt im Oktober antreten. Im Interview mit derStandard.at sieht er vor allem die hohe Dropout-Rate als Problem der österreichischen Universitäten. "Viele Studierende brechen nach Jahren ihr Studium ab, das ist für die Betroffenen frustrierend und bedeutet hohe Systemkosten", sagt er. Als Konsequenz will Lukas bei der Studieneingangsphase nachschärfen.

derStandard.at: Sie haben als Dekan gesagt, dass Sie 18 Stunden pro Tag arbeiten. Jetzt werden Sie Rektor. Wie viele Stunden wollen Sie künftig arbeiten?

Lukas: Mehr wird sich nicht ausgehen, die Zeit wird aber ganz anders gefüllt sein. In der Vergangenheit habe ich viel gelehrt, geforscht und beraten. Ab 1. Oktober werde ich mich voll auf das Universitätsmanagement konzentrieren.

derStandard.at: Brauchen Sie so wenig Schlaf?

Lukas: 18 Stunden arbeite ich an fünf Tagen in der Woche. Am Samstag frühstücke ich sehr spät und lese intensiv Zeitung.

derStandard.at: Die JKU ist 2014 beim Times Higher Education Ranking aus den Top 400 gefallen. Wie wollen Sie aufholen?

Lukas: Die Johannes-Kepler-Universität war immer eine Universität, die ein Magnet für die wissenschaftliche Avantgarde war. Dieser Stärken müssen wir uns wieder mehr besinnen. Die letzten zehn Jahre waren durch ein starkes Wachstum geprägt, von 12.000 auf 19.000 Studierende, die Studienrichtungsangebote wurden verdoppelt. Jetzt geht es wieder stärker darum, Jungwissenschafter anzuziehen und die Vordenkerrolle in Österreich und Europa zu übernehmen.

derStandard.at: Warum ist die Universität zurückgefallen?

Lukas: Ich nehme Rankings bei aller Relativierung, die man anbringen muss, sehr ernst. Wir wollen wieder vorn mitmischen. Wir haben insbesondere in der Lehre an Terrain verloren. Zu viele Studierende brauchen in ganz Österreich zu lange. Viele Studierende brechen nach Jahren ihr Studium ab, das ist für die Betroffenen frustrierend und bedeutet hohe Systemkosten.

derStandard.at: Sie fordern also mehr Zugangsbeschränkungen?

Lukas: Wesentlich ist, dass wir bei der Studieneingangsphase nachschärfen. Die Studierenden sollen sich in den ersten zwei Semestern bewusst werden, ob sie für das Studium ausreichend motiviert sind und ob sie die entsprechende Neigung haben. Man muss sich aber sicher auch dem Thema der Zugangsbeschränkungen stellen.

derStandard.at: Wie würden Sie nachschärfen?

Lukas: Wesentlich ist, dass in den ersten zwei Semestern für das Studium sehr typische Lehrveranstaltungen eine entscheidende Rolle spielen. Bereits hier sollen die Kolleginnen und Kollegen mit einem hohen Anspruch konfrontiert werden.

derStandard.at: Das Uni-Budget für 2016 bis 2018 wurde kürzlich fixiert. Es gibt 615 Millionen Euro mehr Geld. Reicht das für Ihre Universität?

Lukas: Das hängt davon ab, welchen Anteil die JKU an diesem Budget bekommt. Wir werden derzeit unterproportional berücksichtigt. Unser Ziel sind fünf Prozent am Gesamtbudget, derzeit sind es knapp über vier Prozent.

derStandard.at: Wie zufrieden sind Sie mit der aktuellen Regelung der Studiengebühren?

Lukas: Das politische Problem ist, dass diese Debatte sehr ideologisch aufgeladen ist. Ich gebe ein klares Bekenntnis für einen Hochschulzugang ohne soziale Barrieren ab. Es ist aber nicht notwendigerweise so, dass ein System ohne Studiengebühren das sozialste ist. Man muss differenziert diskutieren. Es darf nicht der Eindruck entstehen, dass Studienplätze in Österreich keinen Wert haben.

derStandard.at: Sie würden den Studien mit Gebühren einen Wert geben?

Lukas: Ich bin weder ein Verfechter noch ein Verteufler von Studiengebühren. Wir müssen darüber nachdenken, wie wir die Prüfungsaktivität steigern, und da dürfen Studiengebühren kein Tabu sein. Nicht wenige betreiben ein Studium nur zu Weiterbildungszwecken und haben gar nicht vor, abzuschließen.

derStandard.at: Der bisherige Rektor, Richard Hagelauer, wollte die Fakultäten reformieren. Er ist gescheitert. Was sind hier Ihre Pläne?

Lukas: Wir haben mit den Sozial- und Wirtschaftswissenschaften sowie der technischen Fakultät sehr breit aufgestellte Fakultäten. Die Neugliederung der Fakultäten ist auf wenig Gegenliebe gestoßen, vermutlich weil in Linz die Fachbereiche die zentralen Steuerungseinheiten sind. Das ist der Grund, warum ich die Fakultäten in ihrer Struktur beibehalten, aber die Fachbereiche aufwerten will. Ich wünsche mir eine regelmäßige Konferenz der Fachbereichssprecher.

derStandard.at: Die Gründung der Medizinischen Fakultät Linz war vor allem ein politischer Wunsch von Landeshauptmann Josef Pühringer. Warum stehen Sie hinter dem Projekt?

Lukas: Es wird vor allem in Wien kolportiert, dass das nur das Projekt der oberösterreichischen Politik wäre. Dem halte ich entgegen, dass der Senat der Universität dafür gestimmt hat. Wir bewegen uns in Richtung eines Ärztemangels. Die aktuellen Auslastungen der drei Medizin-Universitäten zeigen, dass man hier an einer Kapazitätsgrenze für eine praxisnahe Ausbildung ist. Das Medizinstudium braucht die Lehre am Krankenbett. Die Kepler-Universität bietet mit einer medizinischen Fakultät die Chance für interdisziplinäre Forschungsschwerpunkte, etwa Medizintechnik und Gesundheitssystemforschung.

derStandard.at: Die Medizinische Fakultät an der Uni Linz soll der Ausgangspunkt eines "Medical Valley" werden. Wie realistisch ist das mit 300 Studenten und in einer so kleinen Stadt wie Linz?

Lukas: Man soll Linz und den oberösterreichischen Raum nicht unterschätzen. Das neu gegründete Kepler-Klinikum, das sich aus drei bestehenden Krankenhäusern bildet, ist annähernd so groß wie das AKH in Wien.

derStandard.at: Wollen Sie weiterhin das Land Salzburg betreffend den Finanzskandal beraten?

Lukas: Nein. Solche exponierten Beratungsaufträge sind mit der Funktion zeitlich und sachlich unvereinbar.

derStandard.at: Sie haben auch die Stadt Linz in der Affäre rund um die verlustreichen Swap-Geschäfte mit der Bawag beraten. Als sich das parteipolitische Hickhack verstärkte, haben Sie sich zurückgezogen. Haben Sie Sorgen, dass sie auch die Uni-Politik bald nerven wird?

Lukas: Ich habe die Stadt Linz mit großer Ernsthaftigkeit kostenlos beraten. Ich hatte dann den Eindruck, dass die Stadtpolitik auf meine Ratschläge nicht mehr reagiert. Das können Sie mit meiner neuen Funktion nicht vergleichen, hier bin ich eigenverantwortlich im Bereich der Universität tätig, dort war ich als Berater einer Gebietskörperschaft tätig. Ich habe bei dieser Tätigkeit viel über den Umgang mit Politik gelernt, ich habe eine gute Gesprächsbasis mit allen Funktionären in Linz. (Lisa Kogelnik, derStandard.at, 9.2.2015)