Wien – Offizielle Statements sind strikt untersagt. Sie könnten den Erfolg der Steuerreform gefährden, gaben Kanzler und Vizekanzler als Devise aus. Vereinzelt sickern dennoch Infos durch. So dürfte, erfuhr der STANDARD, die ÖVP nun doch bereit sein, beim Steuerbetrug auf SPÖ-Vorschläge einzugehen. Konkret geht es um die Registrierkassenpflicht für Betriebe, durch die falsche Abrechnungen erschwert werden sollen. Steuerexperten hatten im Vorfeld ein Einnahmenpotenzial von einer Milliarde Euro ausgemacht.

In anderen EU-Ländern gibt es bereits deutlich strengere Gesetze als in Österreich. Einen Überblick gibt diese Grafik:

Beim neuen Steuertarif sind SPÖ und ÖVP ohnehin nicht weit auseinander – der Eingangssteuersatz soll auf 25 Prozent sinken. Für Kleinstverdiener, die von einer Senkung der Steuersätze nichts hätten, dürfte eine Senkung der Sozialversicherungsbeiträge (darauf hat die ÖVP gedrängt) kommen.

Krankenkassen den Ausfall umhängen?

Offen ist noch, ob im Gegenzug Topverdiener mehr SV-Beiträge zahlen müssen oder ob den Krankenkassen dieser Einnahmenausfall "umgehängt" wird. Generell gilt: Definitive Zusagen gibt es nirgends, die wird es erst bei den finalen Verhandlungen Anfang März geben. Zur Erinnerung: Als Deadline hat sich die Regierung den 17. März gesetzt.

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Bis zum 17. März wollen sich Rot und Schwarz einigen: Vorher wird es auch keine definitiven Zusagen der Verhandler geben.
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Nach wie vor schwierig ist der Punkt neue Steuern. Die SPÖ hat sich, wie berichtet, immer wieder für eine Millionärsabgabe und eine Erbschafts- bzw. Schenkungssteuer ausgesprochen. Die ÖVP wiederum lehnt "klassische Vermögenssteuern", wie es Parteichef Reinhold Mitterlehner nannte, ab. Was in schwarzen Kreisen mittlerweile aber nicht mehr ausgeschlossen wird, ist eine Erhöhung der 2012 eingeführten Immobilienertragsteuer (sie macht zwischen 3,5 und 25 Prozent aus). Die Steuer sollte ursprünglich zwischen 2012 und 2016 zwei Milliarden Euro einbringen, blieb aber zumindest am Anfang um 40 Prozent unter den Erwartungen. Aktuelle Zahlen gibt es noch nicht.

Höhere Grundsteuer möglich

Durchgerechnet werden auch Varianten einer höheren Grundsteuer, die derzeit jährlich etwas mehr als 600 Millionen Euro in die öffentlichen Kassen spült. Das Problem dabei: Da sie bisher den Gemeinden zufließt, müsste sie auf gänzlich neue Beine gestellt werden, wenn man sie zu einer reinen Bundessteuer machen will.

Theoretisch denkbar ist auch eine Erhöhung der Kapitalertragsteuer (sie liegt bei 25 Prozent). Politisch ist das allerdings schwierig. Zum einen ist sie verfassungsrechtlich abgesichert. Sie darf nicht mehr als die Hälfte des Spitzensteuersatzes (50 Prozent) ausmachen. Möchte man das ändern, bräuchte man also Teile der Opposition – die ihre Zustimmung wohl nicht ohne Entgegenkommen bei anderen Fragen erteilen würde.

Zum anderen müsste man wohl für kleine Vermögen Ausnahmen schaffen, um den Vorwürfen, die Regierung habe es auf die Sparbücher abgesehen, entgegenzutreten. Für realistisch wird diese Variante daher in Verhandlerkreisen nicht gehalten.

Ökosteuern, bitte warten!

Wenig Bewegung gibt es auch bei der – in Parteiprogrammen immer wieder geforderten – Ökologisierung des Steuersystems. Ökosteuern wären demnach ja eine Möglichkeit der Gegenfinanzierung, um Arbeit zu entlasten – vor allem in Form einer höheren Steuer auf die (momentan auf dem Weltmarkt billigen) fossilen Energieträger. "Ökosteuern machen derzeit nur zweieinhalb Prozent des Bruttoinlandsprodukts aus – das hat sich in den letzten 20 Jahren keinen Deut nach oben bewegt", klagte am Montag Michael Getzner, Professor für Finanzwissenschaft an der TU Wien, bei einer Pressekonferenz des Forums Wissenschaft & Umwelt.

Dieser Zusammenschluss von Wissenschaftern ist im Anschluss an die Hainburg-Bewegung vor 30 Jahren entstanden und hat sich intensiv mit Vorschlägen für eine Ökologisierung des Steuersystems befasst – mit dem Ergebnis, dass es klar positive Beschäftigungseffekte durch Energiesteuern bei gleichzeitiger Entlastung des Faktors Arbeit gäbe. Präsident Reinhold Christian rechnet vor, dass allein die Gleichstellung der Besteuerung von Diesel und Benzin zu Einnahmen von 600 Millionen Euro führen würde, eine Besteuerung von Flugbenzin brächte 340 Millionen Euro, ein Aufschlag auf Benzin von 20 Cent pro Liter brächte 360 Millionen.

Subventionen für Umweltbelastung

Getzner beklagt, dass die Republik lieber dreistellige Millionenbeträge für Strafzahlungen in die Hand nimmt, weil die Ziele zur CO2-Reduktion nicht erreicht werden, als dass sie die seit Jahren bekannten Modelle für Ökosteuern umsetzt. Außerdem sei seit Jahren bekannt, dass es in Österreich milliardenteure Subventionen und Steuerausnahmen für Umweltbelastungen (etwa Privilegien für Dienstwagen, Pendlerpauschalen, Steuerbefreiung von Verkehrsflächen) gibt. Hier wäre das Geld für eine Steuerreform zu holen, nach Schätzung des Umweltdachverbands UWD rund fünf Milliarden Euro.

Ausgleich für sozial Bedürftige

Getzner betont, dass auch Ökosteuern nicht planlos eingeführt werden dürften. Einerseits müsse es einen sozialen Ausgleich geben – speziell für jene Familien, die gar kein versteuertes Einkommen haben und unter "Energiearmut" leiden, weil sie sich hohe Energiepreise nicht leisten können.

Andererseits müsse man branchenweise betrachten, wo sich stark steigende Energiekosten – das Forum Wissenschaft & Umwelt schlägt etwa 100 Euro pro Tonne CO2 vor – als Standortnachteil erweisen. Da gelte es vor allem, Planungssicherheit zu schaffen und Belastungen zu lange vorher absehbaren und daher kalkulierbaren Zeitpunkten einzuführen, sagt Getzner. In fast allen Branchen sei das Wechselkursrisiko bei den Energiepreisen bedeutender als eine planbare Energiesteuer. (Günther Oswald, Conrad Seidl, derStandard.at, 9.2.2015)