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"Ich muss meine Kinder manchmal ein bisschen hauen, aber nie ins Gesicht, um sie nicht zu erniedrigen", erzählte ein Vater Papst Franziskus. "Wie schön", meint dieser dazu.

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"Reformpapst" wurde er genannt und als kommender Modernisierer der katholischen Kirche gefeiert: sowohl von den Kommentatoren als auch seinen Gläubigen wurde Papst Franziskus mit Vorschusslorbeeren überhäuft.

Doch mittlerweile verstummen die Lobredner. Zwar erscheint Jorge Mario Bergoglio im Vergleich mit seinen Vorgängern noch immer als fortschrittlicher. Die Tatsache, dass er freundlicher lächelt als Joseph Ratzinger, zeigt jedoch nur, dass er medientauglicher ist. Gerne spricht er auch frei, ohne sich an vorgefertigte Redetexte zu halten. Dies wird für die PR-Abteilung im Vatikan nun mehr und mehr zu einem Problem.

Mitte Jänner legitimierte der Papst faktisch mit seiner Aussage, wer seine Mutter beleidige, den erwarte ein Faustschlag, Gewalt gegen Andersdenkende. Man dürfe den Glauben anderer "nicht herausfordern, beleidigen oder lächerlich machen", sagte er im Zusammenhang mit dem Terroranschlag auf die Redaktion der Satirezeitschrift Charlie Hebdo. Damit gab Bergoglio Charlie Hebdo selbst die Schuld an dem Anschlag in Paris und machte die Opfer zu Tätern, was aber international großteils nur schulterzuckend zu Kenntnis genommen wurde.

Die Meinung, dass sich Menschen nicht wie Karnickel vermehren sollten, hat dem Papst zwar Kritik vom deutschen Kaninchenzüchterverband eingebracht, ist aber mit Blick auf die rasch wachsende Bevölkerung in den meisten Entwicklungsländern in der inhaltlichen Grundaussage, wenn auch nicht in der Wortwahl, zu teilen. Aber gleichzeitig verbietet der Papst seinen Gläubigen den Gebrauch von Verhütungsmitteln.

Die jüngste Aussage des Papstes über das würdevolle Schlagen von Kindern löste international eine Welle der Empörung aus. Der Aufschrei ist einerseits verständlich, andererseits hat Bergoglio nichts anderes gesagt als in der Bibel steht. In den zehn Geboten wird zwar verlangt, Vater und Mutter zu ehren, Kinder werden im Dekalog aber nicht erwähnt. Im Gegenteil finden sich zahlreiche Stellen in der Bibel, in denen Gewalt gegen Kinder nicht nur gutgeheißen, sondern geradezu verlangt wird: "Wer seine Rute schont, der hasst seinen Sohn, wer ihn aber lieb hat, der züchtigt ihn beizeiten."

Mittlerweile ist klar: Bergoglio wird die Kirche nicht reformieren. Auch unter seiner Regierung wird sie nicht im 21. Jahrhundert ankommen, wird es keine Abkehr von der Diskriminierung der Frauen, vom Zölibat und von der verkrampften Sexualmoral geben. Sexualität oder Kindererziehung sind Bereiche, die zölibatär lebende Kleriker nur aus zweiter Hand kennen. Ratschläge und Vorschriften der Kirche zu solchen Themen sollte daher dieselbe Bedeutung beigemessen werden wie den Expertisen eines blinden Kunstkritikers. (Michael Vosatka, derStandard.at, 7.2.2015)