Servicemann Michael Dietrich in der zum Wachsraum umfunktionierten Garage, die er während der WM kaum verlässt. Der Schladminger ist ein Spezialist für Speedski. Er gibt sie selten aus der Hand.

Foto: Riezinger

Beaver Creek - Der Ski ist mit der Nummer sieben beschriftet. Michael Dietrich bräuchte die Markierung nicht. "Ich kenne die Ski in- und auswendig." Es sind die Abfahrtsski von Cornelia Hütter. Die meiste Zeit aber sind sie in der Obhut von Michael Dietrich. Der 27-jährige Steirer ist seit der Vorsaison Hütters Servicemann.

Es ist der Tag vor der WM-Abfahrt. Dietrich trägt das Rennwachs auf den 2,15 Meter langen Ski auf. Wenn das getan ist, heißt es rund eine Stunde warten, bis der Ski komplett auskühlt, "weil da zieht das Wachs am schönsten ein. Dann kratze ich ihn ab und wachsle ihn wieder neu ein." Das Prozedere wiederholt sich insgesamt dreimal. "Weil der Belag nicht auf einmal so viel aufnehmen kann", erklärt Dietrich. Zudem werden Schichten aufgebaut. 150 Euro kosten 180 Gramm Wachs. "Damit kann ich zehnmal einwachseln."

Braver Tester

Seit drei Jahren ist Dietrich Servicemann, seit der Vorsaison auch jener Hütters. Im Weltcup betreut er auch noch Regina Sterz. Davor war der Schladminger Skitester. "Ich habe mich immer fürs Skifahren interessiert." Zur Tätigkeit des Servicemannes sei er dann irgendwie gekommen. "Die Leute bei Völkl haben gesehen, dass ich ein braver, fleißiger Arbeiter bin, dann haben sie mich aufgenommen." Sein Renntag beginnt um sechs Uhr früh. Nach dem Frühstück geht's direkt in den Skiraum. Zuerst wird der Ski mit einer Plastikkelle abgekratzt, dann mit einer Kupferbürste behandelt, "dass die Struktur wieder schön zum Vorschein kommt". Die Struktur sei wichtig, sie gebe auch die Richtung vor.

Gemeinsam mit sieben Kollegen seiner Firma wohnt Dietrich während der WM in einem angemieteten Haus in Beaver Creek. Gewachselt wird in der Garage. Ums Eck stehen die Slalomski des Schweden Jens Byggmark. Die Riesentorlaufski von Eva-Maria Brem kommen noch dazu. Dietrich ist auf Speedski spezialisiert. "Da kenne ich mich am besten aus." Beim Slalom, sagt Byggmarks Servicemann Bernhard, komme es eher auf die Kanten an. Das Wachs sei nicht so wichtig.

Die Rennski fährt Dietrich persönlich zur Strecke. "Ich habe sie bis ins Starthäusl." Oben wird das Finish aufgetragen, ein kleines Fläschchen kostet 250 Euro). Schuhe anschnallen, "dann fährt sie runter". Im Super-G tat Hütter das ziemlich schnell, wurde Vierte - bei einer WM halt nicht so dankbar. Der Ski jedenfalls lief.

"Sicher kann man sich verwachseln", sagt Dietrich, aber es komme auch auf den Ski an. Und die Wachse seien heute alle gut. Am meisten falsch machen könne man beim Finish. Problematisch wird es bei Schneefall während des Rennens. "Da kann ich dann nichts mehr machen."

Nach dem Rennen überprüft Dietrich, ob der Ski Kratzer aufweist, ob die Kanten noch schön sind. "Wenn ich irgendetwas fühle, muss ich es sofort rausschleifen." Und dann ist schon wieder vor dem Rennen, auch wenn es nicht am nächsten Tag steigt. "Ich muss den Ski gleich wieder einwachseln, damit der Belag nicht eintrocknet."

Die Nervosität bei einer WM sei natürlich größer als im Weltcup. Aber Dietrich schläft ruhig vor Hütters Einsätzen. Zum zweiten Mal wachselt er bei einer WM. Die Premiere vor zwei Jahren war für ihn als Schladminger besonders aufregend. Als Regina Sterz zweimal beste Trainingszeit fuhr, sei er noch aufgeregter gewesen. "Aber ich habe meine Arbeit trotz Aufregung gut gemacht."

Froher Reisender

Rund 30 Stunden hat Michael Dietrich an zwei Tagen an Hütters Super-G-Ski gearbeitet. Der lange Arbeitstag des Servicemanns ist immer der Tag vor dem Rennen. Er dauert etwa von 6 Uhr früh bis 23 oder 24 Uhr. Trotzdem sagt Dietrich: "Der Job taugt mir voll." Er mag vor allem, dass er sich die Zeit selbst einteilen kann. Das Herumreisen gehe ihm noch nicht auf die Nerven. "Und nach Amerika komme ich sowieso gerne."

Und die Zusammenarbeit mit Hütter, sagt Dietrich, sei "ein Traum". Er bekommt viele Informationen von ihr. Das sei wichtig. "Conny kommt jeden zweiten Tag her, dann reden wir über die Ski und wie sie funktioniert haben. Sie kommt auch nur so, auf was zum Trinken vorbei."

Wenn Rennski Nummer sieben gut gelaufen ist, dann darf auch angestoßen werden. (Birgit Riezinger aus Beaver Creek, DER STANDARD, 7.2.2015)