Das ganze Land ist dem Politfieber verfallen. Diese Politisierung schreitet zügig voran und wird den Alltag unbarmherzig bestimmen, wenn nicht lichte Kräfte uns davor bewahren sollen. Es naht jedoch der Retter auf weißem Ross. "Demo-Wahnsinn endlich stoppen!", fordert die Krone und schießt sicherheitshalber hinterher, dass solche Äußerungen eines demokratischen Systems nicht nur lästig teuer sind, sondern auch noch die Bürger terrorisieren, ein No-Go in der Dichandmonarchie. Und ein Dumping im Erregungssystem. Was soll man ab jetzt zu diversen weltweiten Anschlägen sagen? Terrorisieren tun ja schon die Demonstranten.Wobei auch bei diesen originelle Verhaltensweisen vorkommen können, beispielsweise das ruckartige Hochreißen des Armes und Grüße an längst verstorbene Persönlichkeiten unrühmlicher Geschichte. Macht nix. Daneben stehende Beamte sahen keinen Grund, während der Pegida-Demo die Hitlergrüßejungen zu beamtshandeln. Die einen waren damit beschäftigt, Journalisten samt Polizeipressesprecher einzukesseln und mit teils brachialen Methoden abzuführen, andere ergingen sich in kafkaesken Spiralen: Der eindeutigen Aufforderung, den Ort des Geschehens zu verlassen, folgte eindeutiges Untersagen des Verlassens ebenjenen Ortes. Wer blieb, machte sich strafbar, wer gehen wollte, auch. Währenddessen schrien amtsbekannte Rechtsextreme "Wir sind das Volk!". Tags darauf freute sich der mittlerweile zurückgetretene Pegida-Pressesprecher über die angeblich erreichte Transparenz. Falls er jene des rechtlastigen Hintergrundes der Pegida meinte, behielt er recht. Die ausständige Dienstnummernpflicht für Polizisten war jedenfalls bestimmt nicht gemeint. Diese Leidenschaft für "Transparenz" und "Volksnähe" erinnert frappant an gewisse Märchen. Der Kaiser mit den neuen Kleidern bekam auch nichts anderes ab. (Julya Rabinowich, DER STANDARD, 7./8.2.2015)