Der Wiener Architekt Christian Heiss wohnt in einer Altbauwohnung, die er selbst umgebaut hat. Über sein Wohnen zu sprechen ist für ihn nicht leicht, erfuhr Wojciech Czaja.

"Bis vor kurzem haben meine Freundin und ich in einem selbst geplanten Neubau gewohnt - ein kleines Wohnexperiment für mich als Architekt. Da sind wir mit 65 Quadratmetern ausgekommen. Jetzt geht das allein schon fürs Wohnzimmer drauf. Ausreichend Platz und die Wahl zu haben, wo man sich zu welcher Tätigkeit aufhalten will, das ist wirklich Luxus. Das stellt einen vor vollkommen neue Fragen: Wer bin ich? Was will ich? Wie sinnvoll nutze ich den Raum um mich herum?

Das Lieblingsmöbelstück von Christian Heiss ist der Cellokasten, der an der Fensterwand lehnt. Ursprünglich sollte er als Bar dienen, heute sieht der Architekt ihn eher als Skulptur. (Bildansicht durch Klick vergrößern)
Foto: Lisi Specht

Für sich selbst zu planen, quasi Bauherr und Architekt in einem zu sein, ist mental stressig. Ich bin dankbar, diesen Prozess wieder einmal durchgemacht zu haben, und glaube, dass man sich als Gestalter diesen Fragen des Wohnens immer wieder selbst stellen muss. Man spürt am eigenen Leib, was für ein Knochenjob es ist, Auftraggeber zu sein und große Entscheidungen zu fällen. Respekt vor jedem, der das macht!

Gesucht haben wir nach so einer Wohnung ewig lange. Gefunden haben wir sie im Internet: 4. Bezirk, Altbau, vier Zimmer, fünf Gehminuten vom Atelier. Genau das Richtige. Allerdings war für mich sofort klar, dass wir hier alles ändern würden. Einerseits ist das toll, weil man sich als Architekt richtig austoben kann, andererseits ist es auch schade, weil man kaum auf bestehende Elemente zurückgreifen und sie in die Planung miteinbeziehen kann. So gesehen ist hier das meiste neu.

Das ist ein ziemlich eigenartiger Grundriss mit vielen aneinandergereihten Räumen, mit langen Wegen, kein Mensch würde so eine Neubauwohnung entwerfen. Aber in gewisser Weise macht das ja auch den Charme einer solchen Altbauwohnung aus. Ich habe dann mehrere Grundrissvarianten durchprobiert, bis wir uns auf diesen Entwurf geeinigt haben.

Der Umbau selbst ging Schlag auf Schlag. Wände wurden rausgerissen, Stahlträger eingezogen, Installationen wie Strom und Gas und Fußbodenheizung ganz neu gemacht. Hinzu kommen all die baulichen Details und einige Einbaumöbel. Das Spannendste war, die gesamte Holzkonstruktion des Fußbodens offenzulegen und die wunderschönen, später wieder verborgenen Eichenbalken aus der Gründerzeit zu sehen, die uns in Zukunft tragen werden. Alles in allem hat der Umbau gute drei Monate gedauert. Im November 2013 sind wir eingezogen, und es lebt sich hier wunderbar.

Wie ich die Wohnung genau beschreiben würde? Ich tue mir schwer, die Wohnung in Worte zu fassen. Architektur und Raum ... das ist für mich etwas Emotionales. Am ehesten würde ich sagen, dass es eine Symbiose aus Alt und Neu, aus Kunst und Möbel, aus Schön und Bequem ist. Einige Kunstwerke habe ich schon vor Jahren auf Reisen gekauft, zum Beispiel eine Lampenskulptur in New York. Die anderen Möbel haben sich in den letzten 20 Jahren zusammengesammelt. Die meisten stammen von irgendwelchen Altwarenhändlern in Wien. Ich bin nicht wirklich auf der Suche, aber sobald mir etwas ins Auge springt, muss ich zuschlagen.

Lieblingsmöbel habe ich keine. Ich mag neue Sachen, Antiquitäten, ich mag die Designklassiker des 20. Jahrhunderts, die hier herumstehen. Na ja, vielleicht doch ein Lieblingsmöbel! Vor vielen, vielen Jahren einmal habe ich den Cellokasten umgebaut, der an der Fensterwand steht. Das war meine erste Errungenschaft, damals, als ich mich noch mit Geigenbau beschäftigt habe. Der erinnert mich an meine romantische Lebensphase. Eigentlich wollte ich den zur Bar umbauen, das sage ich jetzt lieber nicht laut dazu, aber mittlerweile sehe ich ihn mehr als Skulptur. Von diesem Möbel werde ich mich mit Sicherheit nie wieder trennen." (DER STANDARD, 7.2.2015)