"Ich seh Ich seh" ist im besten Sinne unheimlich. Der Film von Veronika Franz und Severin Fiala, wie sagt man so schön, er hält die Spannung. So richtig versteht man erst ganz am Ende, was los ist. Auch in diesem Fall lässt sich vom Kino etwas für die Nachhaltigkeit lernen. Warum das?

Weil auch dort vieles ob des riesigen Problemdrucks und unklarer Lösungen unheimlich ist - und der Ausgang offener nicht sein könnte. Der Unterschied zum Kino: Die Spannung wird im wirklichen Leben nie aufgelöst. Die Sache hat prinzipiell kein Ende. Das müssen wir aushalten. Das ist anstrengend. Das kann erheblichen Stress verursachen. Was hilft? Nun: Humor! Im Kino nennt man das Comic Relief. Die befreiende Kraft des Lachens braucht es auch, wenn es um Nachhaltigkeit geht.

Humor ist unverzichtbar

Es geht nicht darum, die Probleme einfach wegzulachen: Der Klimawandel ist auch dann noch da, wenn der Lachanfall über die Abstrusitäten des internationalen Konferenzzirkus abgeklungen ist.

Nein, Lachen dient hier - neben der Lebensqualität - vor allem der Distanzierung: von den Problemen der Nachhaltigkeit, die nicht selten existenzielle Ausmaße zu haben scheinen. Vor allem aber von sich selbst - es tut gut, seine eigenen Möglichkeiten nicht zu überschätzen und sich seiner Sache nicht zu sicher zu sein. Humor ist also unverzichtbar - und gleichzeitig ist er bekanntlich die knappste Ressource überhaupt im Diskurs über Nachhaltigkeit.

Lachen ist gesund

Insbesondere über allzu einfache "Lösungen" kann man oft nur lachen - und sollte das auch tun. Weltrettungskonzepte, die den raschen "Ausstieg" aus einer historisch gewordenen Wirtschaftsordnung voraussetzen; Nachhaltigkeitsideen, die auf dem Glauben beruhen, verändertes Konsumverhalten könne die Umwelt retten; Reformvorschläge, die leider nur dann funktionieren, wenn sich plötzlich alle Menschen unheimlich liebhaben: Lachen ist gesund! Und es kann in allzu ernsten Debatten über die großen Weltprobleme produktiver sein als auf Dauer gestellte Betroffenheit, Empörung und Übellaunigkeit.

Dieses Thema in einer österreichischen Zeitung anzusprechen ist natürlich Risky Business, wenn man aus der "Sahelzone des Humors" stammt. Es passt aber - in seiner Anleitung Wie man Deutscher wird schreibt Adam Fletcher: "Versuche mal, etwas Papierenes in den Plastikmülleimer eines deutschen Freundes zu werfen. Sofort schrillen die Alarmglocken; man hält dir Vorträge über richtiges Recycling; womöglich wird eure Freundschaft schwer belastet." Dass man derlei auch zwischen Bodensee und Neusiedler See erleben kann, ist bekannt: Der Fluch ökologischer Korrektheit mit seinen wenig witzigen Wirkungen wuchert weltweit.

Einfache Lösungen

Dem sollte man sich beherzt und (selbst)ironisch entgegenstellen - in politischen Diskussionen ebenso wie im beruflichen Alltag. Sicher sind Tipps für umweltgerechtes Verhalten oft sinnvoll. Aber es besteht die Gefahr, dass maßlose Forderungen nach spaßfreiem Maßhalten uns nicht nur die Laune verderben, sondern auch davon abhalten, Wirksameres zu tun: zum Beispiel uns dafür einzusetzen, dass die Rahmenbedingungen unseres Handelns umwelt- und menschengerecht gestaltet werden. Für eine "große Transformation" Richtung Nachhaltigkeit reicht es einfach nicht, den Müll zu trennen, Biojoghurt zu essen und mehr Fahrrad zu fahren. Auch diesen einfachen "Lösungen" sollte man mit Humor begegnen. Das täte nicht nur der Nachhaltigkeit gut. (DER STANDARD, 7./8.2.2015)